Nach dem Mandatsverzicht des politischen Ziehsohns von Landesparteichef Alexander Gauland bereitet Nachrücker Jan-Ulrich Weiß nun Probleme – mit rechten und antisemitischen Facebook-Einträgen. Der Chef der Grünen-Landtagsfraktion hat Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt.
Von Alexander Fröhlich und Fabian Leber
AfD-Landeschef und Fraktionschef Alexander Gauland ist bekannt dafür, auf rechtsextreme Grenzüberschreitungen aus AfD-Reihen hart zu reagieren. Wie wird er dann mit Jan-Ulrich Weiß umgehen, der überraschend am Donnerstag für Stefan Hein in der Landtagsfraktion nachrückte, und mit stramm rechten Einträgen auf Facebook provoziert? Weiß ist 39 Jahre alt, siebenfacher Vater aus Templin und handelt mit Holz und Wild. Einfacher wird es mit ihm für die AfD und für Gaulands Kampf um den Ruf der Partei nicht.
Auf seinem öffentlichen Facebook-Profil, das mittlerweile gelöscht ist, verbreitete Weiß antisemitische Verschwörungstheorien und Hetze. Außerdem hat er einen Link zu einem Bericht über den Prozess um die Morde des Neonazi-Terrortrios NSU geteilt mit der Überschrift: „Ex-V-Mann schmäht NSU-Verfahren als Schauprozess“. Der kurze Kommentar von Weiß dazu: „Mehr ist es auch nicht.“
Gauland will nun hart durchgreifen. „Wir haben um 14 Uhr ein Gespräch, sollte er das Mandat nicht zurückgeben: In meine Fraktion kommt er nicht. Er wird nicht Teil der AfD-Fraktion werden, da bin ich fest entschlossen“, sagte Gauland. Inzwischen hat der Chef der Grünen-Landtagsfraktion, Axel Vogel, Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Weiß bei der brandenburgischen Generalstaatsanwaltschaft gestellt. Er forderte Gauland auf, Weiß nicht in die Fraktion aufzunehmen. „Die bürgerliche Fassade der AfD bröckelt immer mehr – nach fremdenfeindlichen Ressentiments kommen nun auch noch unverhohlener Antisemitismus und rechtsextreme Verschwörungstheorien zum Vorschein“, sagte Vogel. „Wer Karikaturen in Stürmer-Manier verbreitet, ist im brandenburgischen Landtag fehl am Platz.“
SPD-Fraktionschef Klaus Ness sagte: „Unsere schlimmen Befürchtungen bestätigen sich jetzt: Die AfD erweist sich als Partei, die auch Rechtsextreme anzieht und ihnen eine Plattform bietet.“ Auch er forderte, Gauland müsse verhindern, dass Weiß Mitglied des Brandenburger Landtags wird – „und sich auch von den anderen Rechtsaußen-Leuten in seiner Partei und Fraktion zu trennen“.
Stefan Hein verzichtet auf Mandat
Stefan Hein hatte am Donnerstag sein Mandatsverzicht erklärt. Auslöser war ein Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ vom Wochenende, wonach Gauland nach Angaben eines namentlich nicht genannten „engsten Getreuen“ zu rechtslastige Abgeordnete loswerden wolle und belastendes Material sammle. Gauland hatte dies am Sonntag energisch dementiert und wurde zugleich zum Chef der neuen elfköpfigen Fraktion gewählt. Zudem hatte er angekündigt, rechtliche Schritte gegen den „Spiegel“ einleiten zu wollen.
Dazu kommt es nun doch nicht. Denn Hein, von Beruf Kommunikationsberater, hat zugegeben, jener engster Vertrauter zu sein, ohne Gaulands Wissen den belastenden Bericht lanciert und den „Spiegel“ in Mails, Telefonaten und SMS mit Informationen versorgt zu haben. Pikant an der Affäre sind die familiären Bande zwischen Gauland und dem 30-jährigen Hein: Dessen Mutter, Carola Hein, ist die Lebensgefährtin von Gauland. Sie erledigt abends daheim die Partei-E-Mails, tagsüber arbeitet sie als Lokalredakteurin bei der Märkischen Allgemeinen Zeitung, deren Herausgeber wiederum Gauland 14 Jahre lang war.
Keine Bedenken gegenüber den vier Abgeordneten
Stefan Hein hatte kompromittierendes Material über Fraktionsmitglieder, die früher in den vom Verfassungsschutz beobachteten Rechtsaußen-Parteien „Freiheit“, „Bund Freier Bürger“ und „Pro Deutschland“ aktiv waren, gesammelt und wollte sie davon abhalten, ihr Mandat anzunehmen – offenbar aus Sorge um den Ruf der AfD, die bei der Wahl 12,2 Prozent der Stimmen geholt hatte und mit elf Abgeordneten in den Landtag einzieht.
Der 73-jährige Gauland selbst sprach von einem schweren Fehlverhalten Heins, das in keiner Weise entschuldbar sei. „Er wollte mir auf verquere Weise nutzen“, sagte Gauland dem Tagesspiegel. Man könne nicht den Versuch machen – hinter dem Rücken der Kollegen und über ein Medium -, die Partei zu säubern und Menschen, die einem persönlich unliebsam sind, hinauszudrängen. Stattdessen ließ Gauland erklären, dass die vier Abgeordneten mit Rechtsaußen-Vergangenheit „das uneingeschränkte Vertrauen der Fraktionsspitze und aller Mitglieder der Fraktion“ genießen. Und die Fraktion sprach Gauland im Gegenzug auf einer Sondersitzung am Donnerstag das Vertrauen aus.
Der hat jedenfalls keine Bedenken wegen der vier Abgeordneten, die nach Ansicht Heins hätten gefährlich werden können für die AfD. Auch wenn SPD-Fraktionschef Klaus Ness der AfD vorwirft, „rechtsaußen nicht ganz dicht“ zu sein, oder der Politikwissenschaftler Gideon Botsch vom Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrum die AfD als „nationalpopulistische Rechtspartei“ einstuft. Gauland spricht vielmehr von einer zweiten Chance, jeder könne sich mal irren – so wie bei den Linken, die bisher in der Regierung waren und nun erneut Rot-Rot mit der SPD aushandeln. Er habe bei keinem der vier Abgeordneten erlebt, dass dieser frühere Positionen vertrete.