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Gewalttätige Neonazis am 9. November in Berlin

 

Barhocker auf Demonstranten: Randalierende Neonazis am 9. November am Berliner Alexanderplatz
Barhocker auf Demonstranten: Randalierende Neonazis am 9. November am Berliner Alexanderplatz

Gleich mehrere rechte Gruppen hatten sich ausgerechnet den diesjährigen 9. November als Datum für Versammlungen in Berlin ausgewählt. Während am Alexanderplatz rechte Hooligans und Neonazis aufmarschieren wollten, mobilisierten neurechte „Friedensaktivisten“ und Reichsbürger zu Kundgebungen im Regierungsviertel. An beiden Orten kam es zu gewalttätigen Zwischenfällen. Ein kleiner Überblick.Wie berichtet, hatte Steven K., ein Anhänger des BFC Dynamo und NPD-Sympathisant eine Demonstration für 80 Personen unter dem Motto „Das deutsche Volk wehrt sich” angemeldet, die sich „gegen das System der Salafisten & Flüchtlinge“ richten sollte. Im sozialen Netzwerk Facebook hatten sich 200 Teilnehmer angekündigt. Ganz offen bezog sich die Veranstaltung auf die „HoGeSa“. Doch zu einem Aufmarsch kam es nicht, da der Anmelder am Sonntagvormittag die Veranstaltung selbst absagte. Gründe sind nicht bekannt, aber es scheint, als stießen die Pläne von K. auf vereinsinterne Kritik. Die Fanvereinigung „Black Boys Dynamo“, als deren Chef sich K. bezeichnete, distanzierte sich in einem Schreiben von seiner geplanten rechtsradikalen Demonstration und entschuldigte sich bei Verein und Fangruppen.

An der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz, dem Sammelpunkt der Hooligandemo, kamen dennoch rund 400 Gegendemonstranten am Sonntag zusammen, falls trotz der Absage Rechte erscheinen sollten. Schließlich kamen dann auch rund 30 Versammlungsteilnehmer, allerdings keine Hooligans, sondern ausschließlich einschlägig bekannte Neonazis aus Berlin und Brandenburg. Eine erste Gruppe von rund 20 Südost-Brandenburger Neonazis, angeführt vom JN-Landeschef Pierre Dornbrach griff bei ihrer Ankunft am S-Bahnhof Alexanderplatz unvermittelt linke Gegendemonstranten an. Flaschen flogen und sogar ein Barhocker wurde durch einen Neonazi in Richtung der Nazigegner geschmissen. Die anwesende Polizei reagierte umgehend und nahm zwei von ihnen fest. Eine zweite Gruppe um den Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke erschien kurz darauf am Bahnhof, wurde jedoch umgehend von Gegendemonstranten eingekesselt. Die Polizei führte die Gruppen zusammen, schirmte sie von den zahlenmäßig deutlich überlegenden Gegendemonstranten ab und beförderte die Neonazis nach Lichtenberg.

Im Regierungsviertel versammelten sich unterdessen bei drei Veranstaltungen insgesamt rund 150 Personen und über hundert Gegendemonstranten. Vor dem Bundestag auf dem Platz der Republik hielten Reichsbürger der Gruppierung „Staatenlos“ um Rüdiger Klasen eine Kundgebung mit 20-30 Teilnehmenden ab. Kurzzeitig kam es dort zu Rangeleien zwischen Gegendemonstranten und der Polizei, als sich die Nazigegner in großer Anzahl Richtung Bühne bewegten. Die Reichsbürger nutzen die Gunst der Stunde für zwei Attacken, ein Teilnehmer schlug einen Journalisten, Organisator Klasen selbst versetzte einem Gegendemonstranten einen Fausthieb. Bei einem Dritten stellte die Polizei zudem ein Messer fest.

Direkt daneben fand zeitgleich eine Kundgebung von neurechten „Friedensaktivisten“ statt, die sich von den „Montagsmahnwachen für den Frieden“ abgespalten hatten, da ihnen die dort vertretenen Thesen zu lasch waren. Mit ihren diversen Verschwörungstheorien standen sie den Reichsbürgern wenige Meter entfernt inhaltlich näher, als sie zugeben wollten. Das sahen auch die Teilnehmer so, die mitunter zwischen beiden Veranstaltungen hin und her wanderten. Aus demselben Kreis wurde zudem eine Kundgebung vor dem Kanzleramt durchgeführt. Mit ca. 80 Personen war allerdings lediglich ein Bruchteil der angemeldeten 1500 Teilnehmenden erschienen, die vor allem auf die Rede ihres Vordenkers Jürgen Elsässer warteten, der in seiner Rede unter anderem eine Lanze für die „HoGeSa“ brach. Auch hier fanden sich diverse Verschwörungstheorien und die Leugnung der Existenz der Bundesrepublik. Diese Inhalte lockten auch bekannte Neonazis aus der NPD an: Die Parteifunktionäre Karl Richter und Sigrid Schüßler waren dafür offenbar extra aus München angereist. Auch hier versuchten Gegendemonstranten mit Sprechchören die ein Zeichen gegen die rechte Ansammlung zu setzen, bis Polizisten die Gruppe abdrängte.