Im sächsischen Heidenau kam es in der letzten Nacht zu den schwersten rassistischen Ausschreitungen gegen eine geplante Flüchtlings-Unterkunft der letzten Wochen. Der rassistische Mob darf nicht die Oberhand gewinnen. Ein Kommentar.
von Felix M. Steiner, zuerst veröffentlicht bei Publikative.org
Was gestern Nacht im sächsischen Heidenau passierte, ist ohne Frage eine neue Qualität rassistischer Proteste gegen Flüchtlinge. Hunderte Neonazis, Rassisten und die wohl bekannten „besorgten Bürger“ versuchten mit Straßenblockaden und Gewalt gegen Polizisten die Unterbringung von Asylbewerbern zu verhindern. Die Polizei musste Tränengas einsetzen, um den Mob unter Kontrolle zu bringen. Überraschend kann all dies nicht gewesen sein, so werden die Blockaden schon im Aufruf zur Demonstration angekündigt: Man wolle die Verlegung der Flüchtlinge „verhindern“ oder zumindest „erschweren“, heißt es da. Auch die Berichte vor Ort machten schnell klar, dass sich hier über Stunden eine Situation anbahnte, die nicht friedlich bleiben würde. Kollegen vor Ort verwiesen sehr früh auf den massiven Alkoholkonsum des rechten Mobs und die aggressive Stimmung. Dass diese Vorkommnisse genau in der Nacht vor dem 23. Jahrestag der Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen stattfanden, setzt dem Ganzen zumindest noch die kleine braune Krone auf. Doch der Lichtenhagen-Vergleich ist gar nicht nötig. So waren es doch schon 1991 die Ausschreitungen in Hoyerswerda (SACHSEN), die eine Kette der Gewalt auslösten. Denn gerade dort hatten die Rassisten doch gelernt, dass sie mit Gewalt ihre Ziele erreichen können: Dies war eine Motivation für den braunen Mob. Dann folgte Rostock-Lichtenhagen. Und dass ein Großteil der in Lichtenhagen Festgenommenen Antifaschisten waren, die die Unterkunft beschützen wollten, ist ein weiteres Detail, welches die Absurdität der Situation in den beginnenden 1990er Jahren zeigt.
In Heidenau nun waren wieder zu wenig Polizisten im Einsatz und der Mob überstieg zahlenmäßig erneut die Gegendemonstranten. Heidenau darf kein zweites Hoyerswerda werden. Sollte der rechte Mob erneut den Erfolg feiern mit Gewalt-Eskalationen ihren rassistischen Willen durchzusetzen, könnten weitere derartige Ausschreitungen folgen. Dies muss verhindert werden. Politik und Staat dürfen nicht zulassen, dass Rassisten auf der Straße erneut die Oberhand gewinnen. Wie Patrick Gensing anmerkte, handelt es sich um ein „demokratisches Missverständnis“, „wonach sich die Politik dem rassistischen Druck der Straße zu beugen habe“. Aufgerufen sind allerdings auch alle Anti-Rassisten: Eine Situation wie in den 1990er Jahren darf nicht zugelassen werden, Flüchtlinge müssen geschützt werden. Wir dürfen nicht auf den ersten Toten warten, um dann qua Erweckungserlebnis die Wahrhaftigkeit des Rassismus in Deutschland überrascht zur Kenntnis zu nehmen…
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