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Über 300 zeigen Solidarität nach Brandanschlag in Marktoberdorf

 

Über 300 zeigen Solidarität
Über 300 zeigen Solidarität ©flickr.com/fromoutback2

Am 27.12.2015 wurde der Neubau einer Marktoberdorfer Geflüchtetenunterkunft vermutlich mit einem Molotowcockatail beworfen. Über 300 Menschen zeigten daraufhin ihre Solidarität auf einem von der Stadt sowie den muslimischen und christlichen Gemeinden ausgerufenen Sternmarsch für den Frieden durch die Stadt zur noch nicht bezogenen Unterkunft.

Am 27.12.2015 wurde versucht, eine Gelüchtetenunterkunft in Marktoberdorf (Landkreis Ostallgäu) in Brand zu setzen. Gegen 22:30 bemerkte eine Anwohnerin Brandgeruch, konnte die Ursache aber nicht feststellen. Erst am nächsten Morgen wurden die Brandspuren entdeckt, nachdem das Feuer anscheinend von selbst erlosch. Die Brandspuren deuten auf die Verwendung eines Molotowcocktails hin, von der Polizei gefundene Glasscherben weisen ebenfalls in diese Richtung. Von weiteren Ermittlungserfolgen konnte die Polizei auf Nachfrage nicht berichten, auch die Hinweise aus der Bevölkerung gingen gegen Null. So bleibt der oder die Täter bisher unbekannt.

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Über 300 zeigen Solidarität ©flickr.com/fromoutback2

Über 300 Menschen zeigen ihre Solidarität

Eine gemeinsame Stellungnahme zur Tat wurde vom Oberbürgermeister der Stadt Dr. Wolfgang Hall (CDU) und seinen beiden Stellvertretern Wolfgang Hannig (SPD) und Carl Singer (FW) am Tag nach dem Anschlag verfasst. Darin heißt es: „Jegliche Gewaltantwendung, ob tätlich oder verbal, gegenüber denen, die gerade vor Krieg, Gewalt und Verfolgung Zuflucht in unserem Land suchen, ist für uns in keiner Weise akzeptabel.“ Ein fremdenfeindlicher Hintergrund bedeute eine Schande für die Stadt.

Über 300 Menschen folgten dann am 7.1.2016 dem Aufruf der Stadt sowie der muslimischen und christlichen Gemeinden Marktoberdorfs zu einem Sternmarsch für den Frieden, um ihre Solidarität mit denen zu zeigen, denen der Brandanschlag offenbar galt. Dieser führte aus der Innenstadt an den Rand der Stadt zur angegriffenen Unterkunft, die nach wie vor im Februar bezogen werden soll. In einem Redebeitrag verurteilte der Oberbürgermeister Dr. Hall den „feigen Anschlag“. Stadtpfarrer Schilling betonte die Notwendigkeit, gegen Rassismus und Nationalismus anzugehen. Die sexistischen Übergriffe in Köln wurden von mehreren Rednern im Sinne von Bernhard Gattner, dem Pressesprecher der Caritas Augsburg aufgegriffen. Der sagte dem Bayerischen Rundfunk:

„Wenn man die Situation in Köln betrachtet, dass dort hunderte junge Männer alkoholisiert auf einem Haufen waren, hat das weniger mit Religion und Kultur zu tun. Denken sie an das Oktoberfest: Jahr für Jahr werden dort Frauen vergewaltigt, angemacht, begrapscht.“

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Über 300 zeigen Solidarität ©flickr.com/fromoutback2

Nicht der erste Anschlag in der Region

Die Allgäuer Zeitung berichtet am zweiten Tag nach der Tat und stellt Bezug zum ihrer Meinung nach einzigen ähnlichen Fall in der Region her. „Bereits Anfang der 1990er Jahre hatte es einmal einen fremdenfeindlichen Anschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Immenstadt gegeben.“ Damals waren Flüchtlinge in einem alten Pfarrhof in Immenstadt untergebracht. Dieser wurde bei einem Brandanschlag am 13.10.1991 völlig zerstört. Zwei Kurden überlebten schwer verletzt, nachdem sie sich durch einen Sprung aus dem Fenster retten konnten. Drei rechte Skinheads waren die Brandstifter. Allerdings gab es bereits einen Tag zuvor einen ähnlichen Anschlag, von dem auch die Allgäuer Zeitung berichtete: „Sieben Schwerverletzte forderte am Samstag kurz nach Mitternacht eine Brandstiftung am Obstmarkt in Kaufbeuren.“ Unbekannte entzündeten Autoreifen im hölzernen Treppenhaus. Trotzdem das Haus von türkischen Gastarbeiterfamilien bewohnt wurde, sah die Zeitung am 14.10.1991 „offenbar keine politischen Motive“, denn: Rechtsradikale hätten – „wie […] in Immenstadt“ – „wohl andere Einrichtungen wie etwa ein Asylbewerber-Wohnheim ausgewählt.“ Schon im November 1991 wurden dann in der selben Zeitung die örtlichen Skinheads entpolitisiert und verharmlost:

„Bei den Skins hier sei weder eine Struktur, noch ein politischer Hintergrund vorhanden, sagt Kripochef Paul Geister. Er kennt die Skinheads, die in typischer Uniform – Springerstiefeln, hochgerollten Jeans, Bomberjacke und vor allem Kahlkopf – am Obstmarkt in Kaufbeuren oder am Rüdigerbrunnen in Neugablonz rumstehen. Für die Kriminalpolizei Kaufbeuren gibt es aber ‚keine Anhaltspunkte, daß man deswegen Angst haben müßte‘. Es handle sich nur um ‚junge Leute, die den starken Mann spielen‘. Es gebe auch keine Erkenntnisse, daß die Skins mit Repressalien drohten.“

Augangspunkt des Artikels ist der Bericht zweier Schülerinnen, die Angst hätten und bedroht würden, weil sie sich gegen Ausländerfeindlichkeit einsetzten.

In einer Materialsammlung „Hasskriminalität: Ein Überblick aus kriminologischer Sicht“, die ein Deutsches Forum für Kriminalprävention im Auftrag des Bundesministerium der Justiz erstellte, wird der Anschlag 2003 als von Rechtsextremisten gelegter Brand erwähnt.