Herbert Auinger seziert die Weltanschauung der FPÖ anhand ihrer eigenen Veröffentlichungen und unterzieht sie einer scharfen Kritik. Unsere Buch-Rezension.
Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) unternehme viel, um sich zu erklären, schreibt Herbert Auinger in der Vorbemerkung zu seiner Veröffentlichunggo über die Partei. Ihre Gedankengebäude seien längst zu einer ausgearbeiteten Weltanschauung geworden, einer umfassenden, vom Mainstream durchaus unterscheidbaren Deutung von Individuum, Staat, Gesellschaft und Politik. Der Print- und Hörfunkjournalist nimmt das Angebot der Rechtsaußenpartei an und spürt dieser Weltanschauung nach. Auinger stellt in ausführlichen Zitaten das „Handbuch freiheitlicher Politik – Leitfaden für Mandatsträger“ sowie das Buch „Für ein freies Österreich – Souveränität als Zukunftsmodell“ von dem Wiener FPÖ-Bezirksrat Michael Howanietz dar. „Dem Buch von Howanietz“, schreibt Auinger, „kommt dabei das Verdienst zu, dass darin ein Heimattreuer seine völkischen Überlegungen einigermaßen ohne Rücksicht auf dei Verträglichkeit mit dem heutigen politischen Leben, dem Mainstream der Öffentlichkeit und der politischen Korrektheit vorlegt. Da schreibt sich ein Freiheitlicher ziemlich unverblümt und ohne große Berechnung auf Wahlkampftauglichkeit – insofern nicht geglättet oder abgeschwächt – seine Wünsche, Ängste und Hoffnungen von der Seele.“ Dabei gehe der Autor stellenweise über das offizielle Handbuch der Partei hinaus und denke dessen Positionen weiter.
Auinger seziert die Postulate der „Freiheitlichen“ und unterzieht sie einer scharfen Kritik. Zuweilen zeichnen sich die Ausführungen des Kritikers durch eine Menge Witz und Polemik aus. Etwa, wenn er das Frauen- und Familienbild der FPÖ zerlegt: „Die Biologie bietet die bloße Möglichkeit zur Fortpflanzung, sie hat nicht die diesbezügliche Notwendigkeit eingeschrieben. Beim heutigen Stand der Verhütungsmittel schon gar nicht. Auch für das, was nach der Geburt kommt in Sachen Kinderbetreuung, da schreibt die Biologie den allfälligen Beteiligten nichts vor. Den ›Brutpflegetrieb‹ können die freiheitlichen Naturkundler vielleicht bei dem einen oder anderen Viehzeug beobachten, aber Menschen sind halt keine Kaiserpinguine. Doch in jener anderen freiheitlichen Welt irgendwie schon“.
Im letzten Kapitel weist der Autor des im linken Promedia-Verlag erschienen Bandes den von Howanietz vertretenen Patriotismus – und damit den der FPÖ – entschieden zurück: „Alles dasselbe, alles gleichermaßen geeignet, ›Österreich‹ zu erleben – drastischer und begeisterter kann man die erstaunlichen, die wahnhaften Züge des Patriotismus nicht darstellen. Ein Erfolg im Sport, mit dem man nichts zu tun hat – es lebe Österreich! Ein verlorener Krieg, gleichgültig ob man als Menschenmaterial mitmachen musste oder nicht, wie man eventuell überlebt hat oder nicht, und vor allem völlig desinteressiert an der Frage, warum der Krieg überhaupt geführt wurde – es lebe Österreich! Ein Wirtschaftswunder, gleichgültig ob man als Kapitalist oder Proletarier beteiligt ist – es lebe Österreich! Sogar eine Naturkatastrophe gibt dafür viel her – es lebe Österreich! Schon eine ziemlich irre Angelgehnheit, diese ›wahrgenommene Einheit‹ eines ›Volkes‹.“
Allerdings: Wer auf Grund des Untertitels erwartet, dass dargestellt wird, inwiefern die FPÖ eine „Blaupause der Neuen Rechten in Europa“ darstellt, wird enttäuscht. Das mag so sein – der Autor aber geht hier auf diese Frage nicht ein. Mehr zu dieser Rolle der FPÖ klärt der von Stephan Grigat herausgegebene wissenschaftliche Sammelband „AfD & FPÖ“.
Herbert Auinger: Die FPÖ. Blaupause der Neuen Rechten in Europa, Promedia, Wien 2017, 17,90 Euro