Der Aufmarsch zum Tod von Rudolf Heß soll am Samstag stattfinden. Bundestagsabgeordneter Kai Wegner sieht wegen des linken Protests eine neue Möglichkeit zum Verbot.
Von Tagesspiegel-Redakteur Frank Jansen
Am Sonnabend soll in Spandau ein rechtsextreme Aufmarsch anlässlich des 30. Todestages von Rudolf Heß stattfinden. Die Polizei schickte dem Anmelder Christian Malcoci am Montag eine Anmeldebestätigung. Die Neonazis selbst präsentieren die erste Seite des Papiers auf einer Website, die eigens für die Demonstration eingerichtet wurde.
Nachdem Linksextreme auf dem Blog linksunten.indymedia.org verkündet hatten, die Demonstration „mit allen Mitteln“ verhindern zu wollen, sieht der Spandauer Bundestagsabgeordnete Kai Wegner nun jedoch eine neue Möglichkeit für ein Verbot. Die dpa zitierte ihn am Donnerstag: „Innensenator Geisel sollte die Reißleine ziehen und den Naziaufmarsch untersagen. Die Rechtslage gibt das her. Sonst drohen womöglich Straßenschlachten zwischen Neonazis und militanten Linksextremisten. Spandau soll kein zweites Hamburg werden.“
Die Innenverwaltung hatte bereits überlegt, ob der Aufmarsch untersagt werden könne. Doch das Risiko, die Neonazis könnten sich beim Verwaltungsgericht durchsetzen, erschien zu hoch. Die Polizei erteilte den Rechtsextremen allerdings Auflagen.
Heß ist für die Szene ein Heiliger
Die Demonstranten dürfen Heß weder „in Wort, Schrift oder Bild“ verherrlichen. Das wird den Neonazis schwerfallen. Heß ist für die Szene ein Heiliger, weil er bis zur Selbsttötung seiner braunen Gesinnung treu blieb. Der einstige Stellvertreter von Adolf Hitler in der NSDAP hatte sich am 17. August 1987 im Spandauer Kriegsverbrechergefängnis erhängt. Neonazis behaupten, die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs hätten Heß umgebracht. Das Aufmarschmotto lautet denn auch „Mord verjährt nicht! Gebt die Akten frei! Recht statt Rache!“
Eine Teilnehmerzahl von mindestens 1000 ist denkbar
Sicherheitskreise halten es für möglich, dass deutlich mehr als die angekündigten 500 Rechtsextremisten kommen werden. Mobilisiert wird im In- und Ausland, eine Teilnehmerzahl von mindestens 1000 ist denkbar. Die Polizei dämpft allerdings nach Informationen des Tagesspiegels das martialische Gehabe der Neonazis. Erlaubt ist am Sonnabend nur eine szenetypische Fahne pro 50 Teilnehmer, außerdem müssen je 100 Demonstranten mit einer Trommel auskommen. Marschmusik ist untersagt, auch Listen mit den Namen politischer Gegner dürfen nicht verlesen werden.
Nazigegner wollen den Aufmarsch blockieren
Die Marschroute ist geringfügig geändert. Sie lautet: Bahnhof Spandau – Klosterstraße – Wilhelmstraße – Melanchthonplatz – Wilhelmstraße – Gatower Straße – Heerstraße – Pichelsdorfer Straße – Wilhelmstraße – Seeburger Straße – Elsflether Weg – Brunsbütteler Damm – Bahnhof Spandau. Ob die Rechtsextremisten die komplette Strecke laufen, ist jedoch offen.
Nazigegner wollen den Aufmarsch, der um 12 Uhr starten soll, blockieren. Das „Spandauer Bündnis gegen Rechts“ will von 11 bis 20 Uhr an der Wilhelmstraße Ecke Gatower Straße eine Kundgebung abhalten. Die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA)“ hat eine Demonstration angemeldet, die in Teilen der Route der Neonazis entspricht. Die Polizei will Nazigegner und Rechte räumlich trennen.
Es regt sich auch Protest gegen geplanten rechten Aufmarsch in Hellersdorf
Unterdessen regt sich auch Protest gegen einen geplanten rechten Aufmarsch in Hellersdorf. Neonazis wollen am 2. September unter dem Motto „Deutsche Kieze schaffen“ demonstrieren. Studenten der Alice-Salomon-Hochschule in Hellersdorf kündigen an, sie würden es nicht zulassen, dass Neonazis „ihre Hetze auf die Straße tragen“.