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Terrorpläne auf dem Handy

 

Der unter Terrorverdacht stehende Soldat Franco A. hat Rechtsextremismus-Vorwürfe vor Gericht bestritten. Doch nun könnten ihn Sprachnotizen von seinem Smartphone in Bedrängnis bringen – wenn das Gericht sie verwerten darf.

Von Martín Steinhagen

Der Angeklagte Franco A. bei Prozessbeginn © dpa/Reuters/Kai Pfaffenbach

Nordkorea, Russland, Iran: Das seien einige der wenigen Länder, die noch „Eier haben“, noch Widerstand gegen „den Westen“ leisteten, der ihnen das „dreckige demokratische System“ aufzwingen wolle. Es ist eine gelinde gesagt eigenwillige Analyse der geopolitischen Lage, die am Donnerstag vor dem Frankfurter Oberlandesgericht vorgetragen wird – zumal sie von einem Offizier der Bundeswehr stammt.

Verlesen werden die Sätze vom Vertreter der Bundesanwaltschaft. Sie stammen aus einer Audio-Aufnahme auf dem Handy des Angeklagten Franco A. Der Oberleutnant steht wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor Gericht, eines Terroranschlags also, außerdem Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz, Diebstahl und Betrug.

Der Offenbacher A. hatte sich 2015 als Geflüchteter aus Syrien ausgegeben, Asyl beantragt – mit Erfolg. Sogar Leistungen vom Jobcenter hatte A. zeitweise kassiert, während er weiter als Soldat tätig war. Davon berichteten zwei Mitarbeiter eines bayerischen Jobcenters, wo der vermeintliche Flüchtling, der statt Arabisch lieber Französisch sprach, zwar für Verwunderung sorgte, aber nicht aufflog.

A. will kein Rechtsextremist sein

Mit dieser Tarnung habe er ein Attentat unter falscher Flagge begehen wollen, möglicherweise auf Außenminister Heiko Maas, die Grünen-Politikerin Claudia Roth oder die Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, heißt es in der Anklage. Dafür habe er sich Waffen und Munition beschafft und Notizen über mögliche Ziele gemacht.

A., brauner Vollbart, die dunklen Haare im Nacken zu einem kleinen Zopf gebunden, bestreitet diesen Vorwurf. Aufgeflogen war sein Doppelleben, als er Anfang 2017 eine am Wiener Flughafen deponierte Pistole aus einem Versteck holen wollte. In dem im Mai begonnenen Prozess hat der heute 32-Jährige mehrfach beteuert, niemals geplant zu haben, jemandem etwas anzutun. Eingeräumt hat er bereits den Besitz von Waffen, aber nicht verraten, woher sie stammten – und wo sie heute sind. Seine zweite Identität als vermeintlicher syrischer Christ habe er nur nutzen wollen, um Lücken im Asylsystem aufzudecken. Rechtsextremes und rassistisches Denken lägen ihm fern.

Die Aufnahmen auf seinem Handy sprechen offenbar eine andere Sprache. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft sind sie gar ein „Schlüssel“ in der Beweisführung, deswegen sollen sie im Gericht auch öffentlich abgespielt werden. Die Verteidiger von A. wollen genau das verhindern. Der Angeklagte selbst hatte bereits argumentiert, die Sprachmemos enthielten unfertige Gedanken, aber keine Pläne und seien wie ein intimes Tagebuch zu behandeln – für die Strafverfolgung wären sie damit tabu.

Taugen die Sprachmemos als Beweis?

Die Karlsruher Ankläger sehen das anders, jedenfalls für einen Teil der insgesamt mehr als 120 sichergestellten Aufzeichnungen. Zum Beleg führen sie jene Datei an, die die Sätze mit den widerständigen Ländern enthält. Gefallen sind sie demnach auf einer „feierlichen Zusammenkunft“. Zu hören sei ein Gespräch, Franco A. habe es offenbar mitgeschnitten. Er lasse sich dort außerdem darüber aus, dass Juden und Deutsche nicht „dasselbe Volk“ seien, sondern sich gegenseitig abstoßen würden. Außerdem werde in der Unterhaltung Hitler gelobt, der „steht über allem“.

Sehr deutlich zeige sich in Aufzeichnungen wie dieser das demokratieverachtende, antisemitische und völkisch-nationalistische Denken des Angeklagten, argumentiert die Bundesanwaltschaft. Es handle sich dabei keinesfalls um eine private, tagebuchartige Notiz. Auch andere Aufnahmen hätten den Charakter eines politischen Manifests, sie ermöglichten einen „unverfälschten Rückblick“ in A.s damalige Gedankenwelt.

Für die Anklage sind derartige Beweismittel von großer Bedeutung. Der umstrittene Terrorparagraf 89a stellt bereits die Vorbereitung einer „schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ unter Strafe, nicht erst den tatsächlichen Versuch, verlagert die Strafbarkeit also weit vor einen tatsächlichen Anschlag – und damit zumindest teilweise auch in die Sphäre der Gedanken. Entsprechend schwierig ist die Beweisführung: War A. damals tatsächlich fest zu so einer Tat entschlossen?

Erklärungsnot auch ohne die strittigen Beweise

Fest steht: Sollten seine eigenen aufgezeichneten Aussagen in den Prozess eingeführt werden, dann würden sie den mitunter für einen Angeklagten ungewöhnlich redefreudigen Franco A. in Erklärungsnot bringen.

Am Donnerstag erreicht das der Vorsitzende Richter Christoph Koller auch mit einer simplen Nachfrage. Es geht um die Waffe, die A. in Wien versteckt hatte. Bei anderer Gelegenheit hatte A. erklärt, die Pistole zufällig in einer durchzechten Nacht beim Pinkeln in einem Busch entdeckt und eingesteckt zu haben. Erst am Flughafen sei ihm das wieder eingefallen. Vor Gericht habe er diese Schilderung bisher aber nicht wiederholt, mahnt Koller, das sei aber entscheidend für die Frage, ob man ihm dies glauben könne. Er wolle ihm deshalb die Gelegenheit geben, das zu erklären.

„Davon würde ich Abstand nehmen“, antwortet A. Er wolle sich erst mit seinen Verteidigern beraten.