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Weimar wehrt sich gegen braune Geschichtsverdrehung

 

Annähernd 90 Neonazis zogen am Samstag durch das thüringische Weimar. © Johannes Hartl
Annähernd 90 Neonazis zogen am Samstag durch das thüringische Weimar © Johannes Hartl

Rund 90 Neonazis versammelten sich am Samstag, den 9. Feburar, zu einem sogenannten „Ehrenhaften Gedenken“ im thüringischen Weimar. Dagegen protestierten zeitgleich über 500 Bürger – die damit ein eindeutiges Zeichen gegen die braune Geschichtsverklärung setzten.

Mehr als 500 Bürgerinnen und Bürger waren am Samstag trotz eisiger Temperaturen und anhaltendem Schneefall auf den Beinen, um ein klares Zeichen gegen Neonazis in Weimar zu setzen. Mit einer Gegendemonstration und einer Kundgebung wehrte man sich gegen die Geschichtsverklärung der Neonazis, die am Nachmittag eine Stunde durch die Stadt gezogen sind.

Letztlich folgten rund 90 Neonazis dem Aufruf zum „Ehrenhaften Gedenken“ der „Aktionsgruppe Weimar Land“ um den Neonazi-Kader Michael Fischer. Damit steigerte die „Aktionsgruppe“ ihre Teilnehmerzahlen im Vergleich zum Vorjahr um annähernd 50 Prozent. Bis kurz nach zwölf Uhr Mittags hatten sich die meisten Neonazis hinter dem Bahnhof gesammelt, knapp eine Stunde später setzte sich der Aufzug mitsamt Lautsprecherwagen in Bewegung. Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot zogen die Neonazis schließlich vom Bahnhof über die „Ernst-Thälmann-Straße“ zur Kreuzung „Ernst-Thälmann-Straße/Röhrstraße“, wo sodann die neonazistische Kundgebung abgehalten wurde.

Als Redner trat zunächst Michael Fischer ans Mikrofon. In seinem Wortbeitrag sprach der Neonazi von einem „Bombenterror, der Deutschland zu Kriegsende heimsuchte“ und von „alliierten Luftmördern, die Weimar in Schutt und Asche“ gelegt haben würden. Fischer deutete dadurch die Geschichte ganz im neonazistischen Sinne um – und ließ sich seine Ausführungen anschließend von einem „Zeitzeugen“ bestätigen, der zudem behauptete, dass die Neonazis als einzige für eine „Erinnerungskultur“ eintreten würden. Der Name des zweiten Redners blieb allerdings anonym – die extrem rechten Akteure teilten ihn nicht öffentlich mit.

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Die Nazis „verabschieden“ sich © Johannes Hartl

Nachdem Fischer und der unbekannte „Zeitzeuge“ ihre Reden beendet hatten, zogen die 90 Neonazis weiter über die Bertuchstraße und die Fuldaer Straße zurück zum Ausgangspunkt ihres Aufmarsches. Im Anschluss an eine „Schweigeminute“ wurde die Veranstaltung für beendet erklärt. Die Neonazis traten den Rückweg zum Bahnhof an, wo ihr Abreise – wie bereits die Ankunft – lautstark begleitet wurde. Zudem machten mehrere Banner deutlich, dass Neonazis in Weimar und auch anderswo unerwünscht sind. So hieß es beispielsweise: „Den Nazis zeigen, wo der Hammer hängt“, „Weimar Nazifrei!“ oder „Nulltoleranz für Nazikram!“

Insgesamt zieht das „Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus Weimar“ ein positives Fazit. Gegenüber dem Fernsehsender MDR sagte Uwe Adler, einer der Bündnis-Angehörigen, im Interview: „Es sind leider etwas mehr Nasen gelaufen als im letzten Jahr – das ist schade. Aber wir waren trotzdem wesentlich mehr und haben ihnen einen dementsprechenden Empfang bereitet.“ Zudem sei es wichtig gewesen, „Präsenz zu zeigen und es auch inhaltlich zu korrigieren“, wie Nazis die Geschichte umdeuten, so Adler zu den „Filmpiraten“.

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Über 500 Bürgerinnen und Bürger protestieren gegen die Neonazis © Johannes Hartl

Die Protestaktionen bezeichnete er zusammenfassend als erfolgreich, wenngleich Blockaden nicht möglich waren. Der Dank des Bündnisses gelte allen, die sich an den Protesten beteiligt haben. „Wir bedanken uns bei allen organisatorischen Unterstützerinnen und Unterstützern, anwesenden Landtagsabgeordneten und Parteien sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Gegenproteste“, so das Bündnis in einer auf Facebook veröffentlichten Pressemitteilung. Trotz aller Freude betrachte man die gestiegene Teilnehmerzahl bei den Nazis aber natürlich mit „Sorge“.