Am Samstag hatte die NPD in das Gemeinschaftshaus Gropiusstadt zu einer öffentlichen Saalveranstaltung eingeladen. Ziel war es, Stimmung gegen Pläne zur Einrichtung eines Flüchtlingswohnheims in Berlin-Rudow zu machen. Als Redner trat neben dem stellvertretenden brandenburgischen Landesvorsitzenden Ronny Zasowk der Chef der NPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern Udo Pastörs auf. Vor der Tür und auch im Saal protestierten hunderte Anwohner gegen die rechtsextreme Propaganda.
Ein Gastbeitrag von Jesko Wrede., zuerst veröffentlich bei Berlin rechtsaußen
Durch die Gastredner aus der „Parteiprominenz“ hatte man sich wohl höhere Besucherzahlen erhofft. Während jedoch mehrere hundert Menschen zum Protest gegen die Saalveranstaltung erschienen, folgten nur 50 bis 60 Anhänger_innen der Einladung der NPD. Darunter auch vereinzelte Mitglieder der so genannten „Reichsbürgerbewegung“. Jedoch gelang es genau so vielen Protestierenden, in den Veranstaltungssaal zu gelangen. Das hatte der Berliner Parteivorsitzende Sebastian Schmidtke vergeblich zu verhindern versucht.
NPD will lieber keine Öffentlichkeit
Zunächst hatte die NPD selbst bestimmen wollen, wem der Zutritt zur Veranstaltung zu gestatten sei. Da das Gemeinschaftshaus Gropiusstadt eine Einrichtung des Bezirksamtes ist, verhandelten die anwesende Stadträtin für Bildung und Kultur, Franziska Giffey (SPD), und der Stadtrat für Soziales, Bernd Szczepanski (Bündnis 90/Die Grünen), vor Ort mit Sebastian Schmidkte und der Polizei. Die Bezirksvertreter_innen machten deutlich, dass die Voraussetzung für den Nutzungsvertrag der Räumlichkeiten sei, dass der Öffentlichkeit der Zugang zu gestatten sei. Für den Fall, dass die NPD der Allgemeinheit den Zugang zum Saal nicht gewährte, machten sie klar, dass mit sofortiger Kündigung des Nutzungsvertrages durch das Bezirksamt zu rechnen sei. So hatte die NPD nur die Wahl, Zuschauer_innen zuzulassen oder die Veranstaltung abzusagen.
Während der Veranstaltung versuchten Schmidtke, Pastörs und der Neuköllner NPD-Funktionär Jan Sturm wiederholt, Kritik durch die Polizei unterbinden zu lassen. Die Einsatzleitung blieb jedoch gelassen und erklärte, dass Meinungsäußerungen zulässig seien und keinen Grund für einen Ausschluss darstellen. Die Art und Lautstärke allein sei keine Veranlassung, die Gegner_innen aus dem Saal entfernen zu lassen. Pastörs drohte mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen das Handeln der Polizei. Dennoch blieben die Kritiker_innen im Saal.
Rassistische Hetze
So kam es auch immer wieder zu lautstarken Protesten, unter ihnen auch Abgeordnete von Linken und Piraten. Aggressive Ordner und Anhänger_innen der NPD bemühten sich, durch ihr Auftreten die Anwesenden einzuschüchtern und bedrängten diese. Auch Udo Pastörs provozierte durch seine rassistischen Bemerkungen. So hätten die Deutschen „ein Naturrecht darauf, (…) nicht durch eine Dominanz einer fremden Kultur oder einer fremden Rasse unterdrückt [zu] werden“. Seine Anhänger_innen wiegelte er auf: „Da wo in schmarotzerhafter Weise sich fremde Völker in Zentraleuropa einnisten wollen um Ungerechtigkeit auszuüben und das auch noch mit Unterstützung unserer eigenen politischen Klasse: Da wird Widerstand zur Pflicht, Kameraden.“ „Die weißen Völker Zentraleuropas“ sollten „getrennt marschieren und vereint zuschlagen“. Bezirksstadtrat Szczepanski versuchte, die Rede des NPD-Mannes zu unterbrechen, da in der Nutzungsvereinbarung für die Räume festgehalten war, dass keine rassistischen oder volksverhetzenden Äußerungen getätigt werden dürften. Er wurde jedoch von Pastörs und seinen Anhängern niedergebrüllt.
Währenddessen hatten sich vor dem Gemeinschaftshaus hunderte Antifaschist_innen versammelt und laut und vielfältig gegen das Treffen der braunen Kamerad_innen demonstriert. Neben Parteien und deren Jugendorganisationen waren auch Nachbarschaftsinitiativen und Flüchtlingsgruppen dem Aufruf gefolgt. Besonderes Aufsehen erregten die Aktivistinnen der Frauenrechtsgruppe Femen. Diese sind dafür bekannt, dass sie sich ihre politischen Forderungen auf die Oberkörper schreiben und dementsprechend leicht bekleidet auftreten. Sie überwanden mehrmals die Absperrgitter, welche die NPD’ler von ihren Gegner_innen trennten.
Der Berliner Landesvorsitzende Schmidtke hingegen trat am Samstag gemäßigt, fast schon hemdsärmelig auf. Man mochte kaum glauben, dass es sich um denselben Mann handelte, der noch vor wenigen Wochen auf Gegendemonstranten einer NPD-Kundgebung in Niedersachsen losgegangen war. Demnächst beginnt der Bundestagswahlkampf. Man wird sich daher auf einige weitere Veranstaltungen einstellen müssen. Der zahlreiche, lautstarke und vielfältige Protest hat jedoch auch gezeigt, dass die NPD mit Gegenwehr zu rechnen hat.