Der Fußballverein TuS Sachsenhausen hat Probleme mit Rechtsextremisten unter Kickern und Fans. Selbst die Landesregierung in Brandenburg ist alarmiert und beobachtet die Lage besonders aufmerksam – wegen des geschichtsträchtigen Ortes.
Von PNN-Autor Alexander Fröhlich und Sören Kohlhuber
Sachsenhausen – Nach dem Skandal um rechtsextremistische Propaganda beim Fußballverein TuS Sachsenhausen in Brandenburg gerät der Verein wegen neuer Vorfälle ins Visier der Sicherheitsbehörden. Diesmal geht es um ein Foto der dritten Mannschaft des TuS Sachsenhausen für Sonderbeilagen zweier Lokalblätter zur neuen Fußballsaison. Darauf ist die Elf, die in der zweiten Kreisklasse spielt, mit braunen Trikots zu sehen. Ein Ex-Spieler, der als Sponsor den Trikots-Satz vor fast zwei Jahren finanziert hatte, hält sein Trikot mit der Rückennummer 18 hoch und lacht. Die Zahl ist in der rechtsextremistischen Szene ein Code und steht für die Anfangsbuchstaben von Adolf Hitler. Daneben sind nach Angaben der Polizei auf dem Bild mehrere Personen zu sehen, die der rechten Szene zugerechnet werden.
Das brisante an dem Fall: Bereits im Mai hatte eine rechte Aktion bei dem Verein für Schlagzeilen gesorgt. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen Volksverhetzung. Bei einem Landespokalspiel der ersten TuS-Mannschaft gegen den SV Babelsberg 03 hatten Fans, darunter Spieler der dritten Mannschaft, ein Banner mit der Aufschrift „Gas gaben Sachsenhausen“ entrollt. Und das ausgerechnet am 8. Mai, dem 68. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges von 1945, und ausgerechnet in Sachsenhausen, einem Ortsteil von Oranienburg (Oberhavel), wo von 1936 bis 1945 im dortigen Konzentrationslager mehrere Zehntausend Menschen von den Nazis ermordet worden waren und wo es auch eine Gaskammer gegeben hatte. Erst als Babelsberg-Fans bei dem Viertelfinalspiel des Landespokals gegen das Banner der TuS-Fans protestiert hatten, waren Ordnungsdienst und Polizei eingeschritten.
Gegen den Ex-Spieler, der die braunen Trikots gesponsert hatte und auf dem Mannschaftsfoto das Trikot mit der Nummer 18 hochhält, wird wegen der Banneraktion im Mai ermittelt. Er ist auch nicht mehr Vereinsmitglied. Mindestens ein weiterer Spieler, der auf dem Foto zu sehen ist, steht im Verdacht, an der Plakat-Aktion beteiligt gewesen zu sein. Nach PNN-Recherchen sind es nicht die Einzigen mit Verbindungen in die rechte Szene. Offizielle Sprachregelung der Polizei ist: Es geht um mehr als eine Person auf besagtem Foto, die zum braunen Milieu gehört.
Der Verein widerspricht dem. Nach seiner Darstellung soll der einzige noch aktive Spieler der dritten Mannschaft mit einer Vergangenheit in der rechten Szene, sich vom braunen Sumpf losgesagt haben. Dieser wolle sich seine Tattoos mit rechtsextremen Symbolen – auf jeder Wade eine 8, gleich 88, gleich Heil Hitler – entfernen lassen, zur Not mit finanzieller Hilfe des Vereins, sagte ein Vereinsvorstand dem „Oranienburger Generalanzeiger“.
Wenige Tage nach dem Skandalspiel am 8. Mai hatte der Verein eine Erklärung zu der Banner-Propaganda veröffentlicht und sich darin von der rechten Propaganda distanziert. Zudem trennte sich TuS Sachsenhausen von einem Spieler. Vier andere Spieler – die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurden – seien nicht mehr im Verein, hieß es nun. Die Vereinsspitze untersagte der dritten Mannschaft auch, die alten, gar nicht mehr aktuellen braunen Trikots zu tragen.
„Wir kriegen derzeit richtig Druck von der Politik, die ein Bauernopfer will“, sagte der Vereinsvorstand dem Lokalblatt. Tatsächlich beobachtet nach PNN-Informationen selbst die Landesregierung, konkret Staatskanzlei und Innenministerium, die Vorgänge in Sachsenhausen aufmerksam – wegen der Brisanz rechtsextremer Umtriebe an einem historisch vorbelasteten Ort wie Sachsenhausen. Jetzt erwägt die TuS-Führung die dritte Mannschaft abzumelden, um Spieler und Verein zu schützen, der übrigens gegen jede Art von Extremismus sei, wie der Vereinsvorstand der Zeitung sagte.
Warum das – laut Verein – mehr als ein Jahr alte Foto mit den gar nicht mehr genutzten Trikots trotz allem in die Lokalpresse kam, ist unklar. Geschickt wurde es vom Trainer der dritten Mannschaft. Angeblich als Dank an den Sponsoren, gegen den wegen Volksverhetzung ermittelt wird. Der Vorstand will davon nichts gewusst haben und spricht von einer Dummheit. Eine andere Darstellung aus Sicherheitskreisen besagt, die Lokalpresse habe beim Verein sogar für ein anderes, aktuelles Foto für die Fußball-Beilage angefragt. Der Verein soll das Angebot aber ausgeschlagen haben, angeblich aus Zeitmangel für ein neues Foto.
Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten hält das für vorgeschoben und geht deshalb von einer gezielten rechten Propaganda-Aktion aus. Durch die rechtsextremen Parolen einiger Spieler würden Opfer des nationalsozialistischen Terrors im KZ Sachsenhausen verhöhnt. „Wir erwarten, dass sich die Vereinsspitze nicht länger an der Nase herumführen lässt und endlich konsequent handelt“, sagte ein Stiftungssprecher. Bereits nach der Banneraktion hatte Stiftungsdirektor Günter Morsch von einer „unglaublichen Geschmacklosigkeit“ und „Provokation“ gesprochen. Bei einem Gespräch hatte die Vereinsspitze ihm zugesagt, Konsequenzen zu ziehen. Der aktuelle Vorfall mit dem Foto sei daher eine große Enttäuschung, sagte der Stiftungssprecher. Eine Sprecherin des Forums gegen Rassismus und rechte Gewalt Oranienburg sagte, das Mobile Beratungsteam habe schon vor Jahren Hinweise gegeben, dass der Verein von Neonazis stark frequentiert werde.
In Brandenburg haben Fußball-Klubs immer wieder Probleme mit Rechtsextremisten, etwa in Frankfurt (Oder), wo in der Vergangenheit Fans von Tebe Berlin bei Turnieren attackiert wurden. Aber auch beim Zweitligisten FC Energie Cottbus, wo bei Auswärtsspielen die Fangruppe „Inferno 99“ durch rechtsextreme und antisemitische Propagandaaktionen in den Stadien deutschlandweit Aufsehen erregt hatte.