Am 16.11.2013 marschierten rund 200 Neonazis ungestört durch Wunsiedel in Oberfranken. Knapp 300 Menschen nahmen an einem Gottesdienst gegen Rechts teil. Die Neonazis kündigten an, auch nächstes Jahr wieder nach Wunsiedel zu kommen.
Knapp 200 Neonazis folgten dem Aufruf, des süddeutschlandweit agierenden, Kameradschaftsnetzwerks „Freies Netz Süd“ (FNS), die kontinuierlich zum Volkstrauertag in Wunsiedel aufmarschieren. Die Fichtelgebirgsstadt ist seit Ende der 80er Jahre Schauplatz extrem rechter Aufzüge, da der ehemalige Stellvertreter Adolf Hitlers, Rudolf Hess, dort nach seinem Suizid beerdigt wurde. Die Stadt Wunsiedel organisierte in Zusammenarbeit mit Kirchen und anderen Initiativen einen Gottesdienst, an dem nach offiziellen Angaben 300 Personen teilnahmen. Ebenfalls wurde den Opfern der sog. „Todesmärsche“ gedacht. Bei diesen sollten in den letzten Kriegswochen KZ- Häftlinge aus den Konzentrationslager evakuiert werden, die nach ihrem qualvollen Tod in Wunsidel beerdigt wurden.
Gegen den Neonaziaufmarsch kam es aber zu keinem größeren Protest. Einige Menschen schauten sich stillschweigend den braunen Umzug an, Kinder malten Transparente mit der Aufschrift „Gott liebt alle Menschen“, zivile Bündnisse befestigten Anti-Nazi Transparente an der Aufmarschroute und einige malten mit Straßenmalkreide Parolen gegen Nazis auf die Straße. Für die Neonazis bleibt Wunsiedel also weiter ein Wallfahrtsort, an dem sie ,relativ ungestört, ihre menschenverachtende Propaganda auf die Straße tragen können.
Die anwesenden Neonazis kamen mehrheitlich aus der Kameradschaftsstruktur des FNS. Führende FNS-Aktivisten wie Norman Kempken (Nürnberg), Matthias Fischer (Fürth) und Tony Gentsch (Oberprex) waren als Veranstaltungsleitung aktiv. Auch der bundesweit bekannte Neonazi Thomas Wullf, war anwesend. Als Redner traten neben Gentsch, Wulff und Fischer auch Edda Schmidt auf, eine führende Aktivistin des neonazistischen Ring nationaler Frauen“ (RNF). In ihren Reden gingen sie auf verstorbene Neonazis wie den NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke, Rechtsanwalt Jürgen Rieger (Anmelder zahlreicher Aufmärsche in Wunsiedel) und auf die beiden Anhänger der griechischen Neonazipartei Goldene Morgenröte ein. Neben den altbekannten Faschisten zog es auch viele junge und minderjährige Rechte nach Wunsiedel, für einige war es der erste rechte Aufmarsch. Auch Aktivisten aus NPD- Strukturen waren vor Ort. So zum Beispiel Johannes Hühnlein (Niederfüllbach), Ralf Mynter (Kist), Simon F., Armin K. und, die in szenekreisen umstrittene, Sophie H. (alle Nürnberg).
Auffallend waren auch die mitgeführten Transparente. So waren mehrere Transparente der neugegründeten, extrem rechten, Kleinstpartei „Der dritte Weg“ zu sehen, die von FNS-Aktivisten getragen wurden. Dem FNS droht derzeit ein Verbot, im Juli hatten Ermittler zahlreiche Wohnungen von FNS-Leuten durchsucht. Für die aktive fränkische Naziszene sind Vereinsverbote allerdings nichts Neues. Langjährige fränkische Neonazis haben schon einige Vereinsverbote durchgemacht und haben immer wieder eine neue neonazistische Struktur gefunden bzw. gegründet. So traten sie nach dem Verbot der „Fränkischen Aktionsfront“ (FAF) der NPD bei. Nach internen Zerwürfnissen gründeten sie daraufhin das FNS. Der dritte Weg könnte ,im wahrsten Sinne des Wortes, nun die Partei „Der dritte Weg“ sein. Nächstes Jahr wollen die Rechten wieder durch Wunsiedel ziehen, dann vermutlich schon unter einem neuen Organisationsnamen.