Erich Schwarzfischer sitzt als parteiloser Kreisrat im Kommunalparlament eines ostbayerischen Landkreises. Das Nazi-Netzwerk „Freies Netz Süd“ bezeichnet ihn als „Kreisrat mit Anstand und Standfestigkeit“; allein das sollte schon stutzig machen. Tatsächlich ist das Attribut „parteilos“ so nicht ganz zutreffend, wenn man genau betrachtet, wie es dazu kam. 2002 war Schwarzfischer noch als Kandidat der Republikaner in den Chamer Kreistag gewählt worden. Lange Zeit war er als Kreisvorsitzender aktiv. 2005 kandidierte er zur Bundestagswahl als Direktkandidat der rechtsextremen NPD.
Zur Aufstellung für die Kreistagswahl 2008 lud er plötzlich wieder als Kreisvorsitzender der Republikaner ein. Der Landesvorstand der Republikaner war davon offenbar weniger begeistert. Er leitete juristisch Schritte gegen Schwarzfischer ein, der im Übrigen zur Landtagswahl 2008 auch wieder als NPD-Kandidat, für die Kreistagswahl im gleichen Jahr aber (aufgrund oben genannter Aufstellungsversammlung) als Republikaner antrat. Schwarzfischer wurde schließlich wegen Urkundenfälschung und Wahlfälschung zu einer Strafe von 90 Tagessätzen verurteilt und sitzt seitdem eben als „Parteiloser“ im Chamer Kreistag.
Jetzt ist der „parteilose“ auf Platz 1 der Kreistagsliste einer „Deutschen Konservativen Partei“. Darüber berichtete auch die Lokalzeitung „Bayerwald Echo“ vergangene Woche, wodurch ich überhaupt erst auf diese Partei aufmerksam wurde. Neben dem Ex-Republikaner und Ex-NPDler Schwarzfischer stehen auf der Liste vor allem Unbekannte: Ein Tierarzt, ein C-Promi, der bei der VOX-Show „Vier Hochzeiten und eine Traumreise“ mitgemacht hat. Alles in allem politisch bisher allenfalls dadurch in Erscheinung getreten, dass sie schon 2008 auf der Republikaner-Liste standen. Zu Schluss auf Platz 42 jedoch rahmt eine weitere Person die Liste ein: Ewald Ehrl hat eine noch heterogenere Parteigeschichte hinter sich als Schwarzfischer: Bei der Bayernpartei stieg er in die Politik ein. Später bei der rechtsextremen und neonazistischen „Deutschen Partei“ schaffte er es sogar in den Bundesvorstand. Angesichts der Mitgliedersituation der DP war das für Ehrl zwar wohl nicht besonders schwer, zeigt aber deutlich auch seine politische Einstellung. Bei der Wahl 2009 schließlich trat er für die rechtsextreme NPD als Bundestagskandidat an. Gern gesehener Gast ist er auch beim „Widerstand Cham“ und anderen Neonazi-Kameradschaften. Gerahmt wird die Liste also von zwei Leuten, die klar aus dem fremdenfeindlichen und rechtsextremen Spektrum kommen. Das war für mich Ausgangspunkt, mich auch einmal mit dem Rest der „Deutschen Konservativen Partei“ zu beschäftigen.
Das Programm der Deutschen Konservativen Partei
Die Mitgliederzahl der Deutschen Konservativen Partei dürfte wohl höchstens im niedrigeren dreistelligen Bereich liegen. Sie ist damit also in Größe (und Bedeutung) also vergleichbar mit anderen Splitterparteien am rechten Rand wie der „Interim Partei Deutschland“ oder der „Sächsischen Volkspartei“. 2012 fusionierte die rechtspopulistische „Allianz der Mitte“ mit der Deutschen Konservativen Partei. Die Allianz der Mitte beschrieb sich selbst als „bürgerlich-konservativ“. Unter anderem war die ADM der Meinung, Deutschland habe keine Verfassung und müsse sich daher eine solche erst geben.
Die Deutsche Konservative Partei hat unter anderem Angst vor der „schleichenden Islamisierung“ Deutschlands. Auch schreibt sie in ihrem Wahlprogramm groß: „Wir halten an dem Grundsatz fest, dass Deutschland kein Einwanderungsland ist.“ Die Forderung nach der Ausweisung krimineller Ausländer wird damit begründet, dass man durch diese Maßnahme Rassismus effektiv vorbeugen könne. Wer damit nichts anfangen kann, sollte den Begriff „Victim Blaming“ googlen. Nicht zuletzt fordert die Deutsche Konservative Partei auch die Streichung des Rechtes auf Asyl aus dem Grundgesetz und dessen Umsetzung als einfachgesetzliche Regelung ohne Grundrechtsstatus.
Die Europaliste
Auf der Liste der „Deutschen Konservativen Partei“ für die Europawahlen diesen Sommer befinden sich auch einige Persönlichkeiten, die in der Szene vielleicht bekannt sind: Auf Platz drei der Liste steht Michael Uhlig aus Hamburg. Er drohte vor einigen Jahren gegenüber der Bezirksverwaltung an, er wolle seine Räumlichkeiten an die NPD vermieten, wenn er keine Genehmigung zur Eröffnung eines Bordells erhalte. Das zuständige Bezirksamt glaubte, Hinweise auf verwandtschaftliche Beziehungen Uhligs zur NPD zu haben. Das bestreitet dieser doch vehement und ging juristisch dagegen vor. Parteienhopping scheint in diesem Umfeld sehr en vogue zu sein: Platz vier der Liste ist mit Tilo Bretschneider der Landesvorsitzende von „Die Freiheit“ in Sachsen. Er sagt in einem Interview: „Das mohammedanische Weltbild sehe ich im geschichtlichen Kontext als direkten Gegenentwurf zum Abendländischen.“ Zudem ist es für ihn die „Solidar- und Schicksalsgemeinschaft“, die „ein Volk an sich zusammenhält.“ Nicht von ungefähr waren es die Nationalsozialisten, die genau die gleiche Terminologie wählten, wenn sie das deutsche Volk als „Schicksalsgemeinschaft“ betrachteten.
Auf Platz sechs kandidiert Manfred Fischer, gerne gesehener Redner bei DSU-Veranstaltungen. Ein alter Bekannter ist auch Dieter Danielzick auf Platz neun. Auch er hat eine erstaunliche Partei(en)karriere hingelegt: Er war schon bei den Republikanern und der Splitterpartei „Bündnis für Deutschland“, die vor einer „Verschwörung von Juden, Angela Merkel, Freimaurern und Kommunisten“ warnte. Er war bei Pro-NRW und ist dort 2009 ausgestiegen. 2010 wollte er für die „Deutsche Partei“ in den NRW-Landtag und jetzt hofft er auf ein Europamandat der Deutschen Konservativen Partei. Auf Platz zehn der Liste finden sich Olga Uhlig aus Hamburg. In einem facebook-Posting hat die Frau ihrer Angst Ausdruck verliehen, inzwischen einer Minderheit anzugehören und kaum mehr deutsche Nachbarn zu haben. Tatsächlich gehört Frau Uhlig, wie auch ihre anderen Parteifreunde, einer ziemlich kleinen Minderheit an: Jedoch handelt es sich bei dieser Minderheit nicht um „Deutsche“, wie sie das vermutet, sondern um die Minderheit an Mitgliedern einer rechten Splitterpartei.
Die Deutsche Konservative Partei selbst ist keine von Neonazis betriebene Partei, aber Neonazis und Alt-NPDler sind dort offenbar willkommen. Sie fischt bei den Wählern am äußersten rechten Rand. Das Auftreten als „bürgerliche“ Partei und die gleichzeitige Offenheit hin zur ultrarechten Szene: Alles ein typisches Merkmal der Neuen Rechten. Dass diese Partei jemals Relevanz erlangt, ist sehr unwahrscheinlich. Aber sie könnte einigen Neonazis wieder einmal dazu dienen, in das eine oder andere Kommunalparlament einzuziehen. Indes müssen die Mitglieder der Deutschen Konservativen Partei im Landkreis Cham jetzt jedoch erst einmal die 385 Unterstützerunterschriften zusammenbekommen