Die altehrwürdige Hofburg zu Wien erwartet dieser Tage ganz besondere Gäste. Am 24.01. laden die Burschenschaften zum Tanz – und zu einem rechtsextremen Vernetzungstreffen auf höchster Ebene. Ein Blick hinter einen Vorhang aus Bierdunst, Schmissen und „neuen Juden“.
Von Michael Bonvalot
Bis in die frühen 1990er Jahre war die burschenschaftliche Welt noch in Ordnung. Die Rektoren aller österreichischen Universitäten waren vollzählig im Ehrenkomitee des WKR-Balls vertreten. WKR steht für „Wiener Korporationsring“, den Dachverband von Wiens schlagenden deutschnationalen Burschenschaften.
Dieser Ball hatte erstmals 1952 stattgefunden, 1968 übersiedelte er in die Hofburg. Er war von Beginn an ein Stelldichein der deutschsprachigen braun-burschenschaftlichen Eliten, der rechtsextremen FPÖ und zahlreicher einschlägiger internationaler Gäste. Die FPÖ ist traditionell die Partei der Burschenschafter und rekrutiert bis heute einen Großteil ihres Kaderpersonals aus den schlagenden Verbindungen.
Rechte, Tanz!
Vor allem ab der Regierungsbeteiligung der FPÖ im Jahr 2000 wurde der WKR-Ball zu einem internationalen Ereignis. Er war und blieb das größte gesellschaftliche Zusammentreffen der rechtsextremen und neonazistischen Burschenschaften des gesamten deutschsprachigen Raums. 2000 bis 3000 Burschenschafter und ihre Begleitung trafen sich aus diesem Anlass in Wien.
Ein solch illustres Zusammentreffen zog und zieht natürlich auch internationale Gäste an. So besuchten den Ball in den vergangenen Jahren etwa die Führer des französischen Front National, Jean Marie und Marine Le Pen, der Fraktionsvorsitzender des belgischen Vlaams Belang, Filip Dewinter, der Vorsitzender von ProKöln, Markus Beisicht oder Kent Ekeroth, Parlamentsabgeordneter für die Schwedendemokraten.
Doch all das – und auch das zunehmende öffentliche Unbehagen über den rechten Ball in der Hofburg – berührte die universitären Eliten nicht. Sogar noch 2008 waren die Rektoren von fünf österreichischen Universitäten, darunter der Technischen Unis Wien und Graz, im Ehrenkomitee. Die Tanzschule des bekannten österreichischen „Benimmpapstes“ Thomas Schäfer-Elmayer organisierte bis vor vier Jahren die Eröffnungspolonaise für die schlagenden Burschenschafter.
Der Widerstand formiert sich
Ab dem Ende der 2000er Jahre geriet der WKR-Ball zunehmend in den Focus antifaschistischer Aufmerksamkeit. Begleitet von großen Demonstrationen setzte eine breite öffentliche Debatte über die Burschenschaften ein, die zu gewissen Absetzbewegungen – nicht zuletzt unter den universitären Eliten – führte.
Gleichzeitig nahm vor allem ab 2012 auch der Druck auf die „Hofburg Betriebsgesellschaft“ enorm zu. Diese Gesellschaft hat(te) eine Reihe prominenter Firmen als Teilhaber, unter anderem das weltberühmte Hotel Sacher. Diese Verflechtungen wurden nun medial und durch Aktionen vor den Betrieben benannt. Und der Druck wirkte: die Betriebsgesellschaft verkündete, dass der WKR-Ball 2012 der letzte in der Hofburg sein würde.
Die „neuen Juden“ übernehmen
Die FPÖ war mit dieser Entwicklung klarerweise alles andere als zufrieden. 2012 verstieg sich FPÖ-Vorsitzender HC Strache in seiner Festrede am WKR-Ball gar zu der Behauptung, die Ballgäste seien nun die verfolgten „neuen Juden“.
Doch die FPÖ sprang nicht nur rhetorisch, sondern auch praktisch für ihre treuesten Kameraden in die Bresche: Nach der Absage der Hofburg Betriebsgesellschaft an den WKR wurde der Ball ab 2013 kurzerhand nicht mehr als Ball der Korporierten geführt, sondern als „Akademiker-Ball“ der FPÖ. Ansonsten blieb alles beim Alten, Organisator des Balls ist wie in den Jahren zuvor Udo Guggenbichler, FPÖ-Abgeordneter für den Wiener Gemeinderat und schlagender Burschenschafter.
Dieser Schritt der FPÖ erwies sich strategisch als sehr klug. Die Hofburg erklärte nun, sie könne einer Parlamentspartei die Ballsäle nicht verwehren. Doch auf der Straße gingen die Proteste weiter. Vor allem 2013 war der Weg zur Hofburg für die bestenfalls 1000 braunen und blauen Gäste ein Spießrutenlauf durch protestierende AntifaschistInnen.
Polizei gegen Kälteschutz
Für den diesjährigen Akademiker-Ball und die Gegendemonstration am Freitag, dem 24.01.2014, hat sich die Polizei etwas Neues ausgedacht. Im Gegensatz zu den Jahren davor wurden die Platzverbote für Wiens Innenstadt deutlich ausgeweitet, zusätzlich gibt es erstmals ein extensives Vermummungsverbot. Generell gibt es in Österreich ein solches Verbot bei Demonstrationen, die nun verordneten Maßnahmen gehen aber weit darüber hinaus.
In einem Gebiet, das rund 400.000 EinwohnerInnen umfasst (das sind knapp 25% der Stadtbevölkerung), dürfen – bei angekündigten Temperaturen um den Gefrierpunkt für den Freitagabend – keine verhüllenden Gegenstände mitgeführt oder verwendet werden. Das umfasst auch Schals, Tücher oder ähnliches und gibt der Polizei eine Generalvollmacht für Wegweisungen oder das Verhängen von Ordnungsstrafen. Wie sich die neue Strategie der Polizei am Tag der Demonstration auswirken wird, bleibt abzuwarten.
Gegen diese Maßnahmen gibt es bereits im Vorfeld Proteste der Organisationen, die die antifaschistische Mobilisierung tragen. Organisiert wird der Widerstand gegen den Akademikerball im Jahr 2014 dabei von einer breiten Koalition.
Das Bündnis „Offensive gegen Rechts“ umfasst vor allem Wiens marxistische und trotzkistische Organisationen, die sozialdemokratischen Jugendorganisationen sowie als Unterstützer einige Gewerkschaften. Der Zusammenschluss „NoWKR“ wird von autonomen Gruppen aus dem antinationalen Spektrum getragen. Und schließlich gibt es den zivilgesellschaftlichen Zusammenschluss „Jetzt Zeichen setzen“, wo vor allem die Sozialdemokratische Partei sowie die Grünen prominent vertreten sind – ihre Kundgebung wurde von der Polizei mit der Begründung der räumlichen Nähe zur Hofburg allerdings untersagt. Für die beiden Sternmärsche der „Offensive gegen Rechts“ und von „NoWKR“ werden mehrere tausend TeilnehmerInnen erwartet.