Nicht nur direkt vor Ort nimmt der Nahostkonflikt in den vergangenen Tagen wieder tragisch gewalttätige Züge an; auch in Städten, die weit vom Krisengebiet entfernt sind, wird die Auseinandersetzung inzwischen mitunter gewalttätig geführt: In Paris gab es in den vergangenen Tagen mehrere gewalttätige Anschläge auf Synagogen, teilweise am Rande pro-palästinensischer Demonstrationen. Auch in Bochum fand man sich vergangenes Wochenende zu einer Demonstration „gegen Israel“ zusammen, nachdem Tags zuvor in der Nachbarstadt Essen eine ähnliche Demonstration an der Alten Synagoge vorbeigezogen war.
In Frankfurt am Main kam es im Anschluss an eine „Free Palestine“-Demonstration am gleichen Wochenende zu gewalttätigen Ausschreitungen. Unter die Demonstration sollen sich einerseits Hamas-Anhänger und andererseits Neonazis der Nationalen Sozialisten Rhein-Main gemischt haben. Auch Demosprüche wie „Kindermörder Israel“ habe man nach Angaben der Frankfurter Rundschau nicht nur von vereinzelten Teilnehmern, sondern sogar durch die Lautsprecher skandiert. In Dortmund hatten sich zur selben Zeit neben Hamas-Jüngern auch Anhänger der Partei Die Rechte gemischt, um gemeinsam unter Transparenten wie „Stop Juden“ zu demonstrieren.
Der Nahostkonflikt: gefundenes Fressen für Neonazis
Für Neonazis und die Neue Rechte scheint der Nahostkonflikt geradezu ein Glücksfall zu sein: Nachdem offen rassistische Ressentiments weiten Teilen der Bevölkerung nicht mehr sonderlich gut abkommen, bezeichnen sich viele radikale Rechte heute als Ethnopluralisten. In dieser Ideologie steht neben dem „Deutschland den Deutschen“ auch beispielsweise ein „Türkei den Türken“. Man unterstütze also Nationalismus überall, nur sollten die Völker halt gefälligst auf ihrem eigenen Flecken Erde bleiben. Nahtlos lässt sich hier ein „Palästina den Palästinensern“ einfügen; denn dorthin würden Freie Nationalisten, Die Rechte und Co. alle Palästinenser gerne lieber heute als morgen abschieben. Doch „Palästina den Palästinensern“, das könne es – und hier ist das Verbindungsglied zwischen Neonazis und Hamas – nicht geben, solange Israel existiere. Zwei Fliegen mit einer Klappe also: Man kann gleichzeitig gegen Israel demonstrieren und sich einreden, dass man damit auch noch die Grundlage für die Abschiebung der Palästinenser schaffe. Eingehender hat sich auch Publikative mit diesem ideologischen Phänomen beschäftigt.
Auch an diesem Wochenende sind wieder „Free Gaza“-Demonstrationen in vielen, nicht nur deutschen, Städten geplant. In Wien geht es am Sonntag „gegen das Massaker von Israel an unschuldigen Menschen“. Auch in kleineren Städten werden Demonstrationen geplant, etwa im bayerischen Ingolstadt, in Weiden in der Oberpfalz und etwa 80 Kilometer südlich davon in Regensburg. Dort hat eine Handvoll Schülerinnen das Ganze auf die Beine gestellt.
Rechte kündigen auch in Regensburg Unterwanderung an
Durch die Medienberichte über die antisemitischen Tendenzen vorangegangener Demonstrationen sensibilisiert waren Facebook-User auf einen Aufruf des nationalistischen Aktionsbund Regensburg aufmerksam geworden, der auf seiner Seite ebenfalls für die Demonstration wirbt. Der erst vor Kurzem in Erscheinung getretene Aktionsbund Regensburg ist eng verbandelt mit der rechtsextremen Partei Der III. Weg. Diese soll derzeit als mögliche Ausweichorganisation im Falle eines Verbots des Freien Netz Süd aufgebaut werden. Neben diesem doch recht diffusen Demonstrationsaufruf von Rechts finden sich auf der Facebook-Veranstaltungsseite der Regensburger „Free Palestine“-Demonstration nun auch schon recht eindeutige Äußerungen des vorbestraften Freie-Nationalisten-Top-Kaders Walter Strohmeier, der inzwischen auch beim III. Weg aktiv ist. „Steht es nationalen Menschen nicht zu sich an einer Protestaktion gegen Kriegstreiberei zu beteiligen“, fragt er dort unter anderem, nachdem Facebook-User auf den Demonstrationsaufruf der Rechtsextremen hingewiesen hatten.
Die Schülerin, die die Demonstration angemeldet hat, möchte von den Gästen vom rechten Rand derweil nichts wissen, sagte sie dem Regionalsender TVA im Interview. Derweil hat sich eine Gruppe gegründet, die die Veranstaltung kritisch begleiten möchte. Von jener ausgehend soll es am Samstag eine Gegendemonstration geben, aber auch Hilfestellung, falls die Schülerinnen Neonazis und Islamisten wirklich aus ihrer Demonstration ausschließen wollen. Das hat die Schülerin inzwischen auch auf ihrer Facebook-Veranstaltungsseite angekündigt.