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Flüchtlingsunterstützerin festgenommen

 

60 Teilnehmer eines Putzspaziergangs entfernten rassistische Propaganda in Berlin-Hellersdorf © Florian Boillot
Immer wieder werden engagierte von Neonazis bedroht und mit absurden Begründungen angezeigt © Florian Boillot

Weil er nicht als „Nazi“bezeichnet werden will, hat der Berliner Rechtsextremist René Uttke eine Flüchtlingsunterstützerin angezeigt. Prompt nahm die Polizei die Frau fest. Sie ist Sprecherin des Vereins Hellersdorf hilft und wird seit Monaten massiv von Neonazis bedroht – zuletzt mit scharfen Patronen vor dem Ladenlokal des Vereins.

„Nach der Bedrohung von Mitgliedern mit scharfer Munition durch Neonazis spitzt sich die Lage in Marzahn Hellersdorf weiter zu“, heißt es in einem Statement des Vereins. Am Freitagabend wurde die Sprecherin des Vereins „Hellersdorf hilft“ auf einer Kundgebung für Geflüchtete der Partei „Die Linke“ in Marzahn erneut bedroht und dann überraschend von der Polizei festgenommen. Den Anlass sah die Polizei in einer Anzeige, die ein amtsbekannter Neonazi gegen die Flüchtlingshelferin stellte, da sie ihn als Nazi bezeichnet hatte. Es handelt sich dabei um den gleichen Mann, gegen den bereits am Donnerstag Abend eine Hausdurchsuchung im Zuge der Ermittlungen wegen Bedrohung des Flüchtlingsvereins und Verstoßes gegen das Waffengesetz durchgeführt wurde. Der 42-jährige Neonazi war ungehindert auf die Kundgebung für Geflüchtete gelangt, filmte die Teilnehmer und wurde auf mehrfache Aufforderungen des Kundgebungsanmelders nicht von der Polizei des Platzes verwiesen. Erst als dieser begann, einen Journalisten und die Flüchtlingsunterstützerin zu bedrohen, schritt die Polizei ein. Kurz darauf erstattete er Anzeige und die Flüchtlingsunterstützerin wurde unter starkem Protest der Anwesenden festgenommen.

Flüchtlingsunterstützer von "Hellersdorf hilft", hier bei einer Menschenkette mit Spenden für Asylsuchende © Theo Schneider
Flüchtlingsunterstützer von „Hellersdorf hilft“ bei einer Menschenkette mit Spenden für Asylsuchende © Theo Schneider

Der zweite Pressesprecher des Vereins „Hellersdorf hilft“, Stephan Jung, zeigt sich entsetzt über das Einsatzverhalten der Polizei: „Es ist bereits eine Farce, dass ein bekannter Neonazi, gegen den aktuell in unserer Sache wegen Waffenbesitz und Drohungen ermittelt wird, auf die Kundgebung für Geflüchtete gelassen wurde. Dass die Polizei dann aber auch noch seiner abwegigen Anzeige gegen meine Kollegin mit derart unverhältnismäßiger Aggresivität nachgeht entbehrt jeglichem Sinn für Rechtstaatlichkeit und Verantwortung gegenüber den Opfern rechter Gewalt“. Durch das aggressive Eingreifen der Polizei wurde die junge Frau am Arm verletzt. Bei den Tumulten erlitt Regina Kittler, Mitglied des Abgeordnetenhauses, ebenfalls Blutergüsse am Arm durch Handgreiflichkeiten eines Polizeibeamten, der sie anschließend wegen versuchter Gefangenenbefreiung anzeigte. Beide Flüchtlingsaktivistinnen mussten im Unfallkrankenhaus Marzahn behandelt werden.

Immer wieder kommt es zu fadenscheinigen Anzeigen von Neonazis gegenüber Antirassisten, um mittels des Rechts auf Akteneinsicht durch einen Anwalt an die Privatadressen der Betroffenen zu gelangen. Der Verein fordert daher, den Umgang der Polizei mit Opfern rechtsextremer Gewalt und Bedrohung auf den Prüfstand zu stellen und mahnt an: „Es ist absurd, wie leicht es Neonazis gemacht wird, aus Opfern Täter machen zu können und dabei mit der vollen Unterstützung der Polizei rechnen zu können“, so Jung. Die Polizei nehme damit billigend in Kauf, dass eine bedrohte Person zusätzlich gefährdet wird.

Björn Tielebein, Kundgebungsanmelder und Fraktionsvorsitzender der Linken Marzahn Hellersdorf reagierte ebenfalls empört auf den Vorfall: „Es ist unerträglich, dass polizeilich gegen engagierte Menschen vorgegangen wird, die sich für das Recht auf Asyl einsetzen und Begegnungen schaffen, anstatt dass diese geschützt werden“.

„Hellersdorf hilft e.V.“ ist ein gemeinnütziger Verein und überparteilicher Zusammenschluss von Menschen im Bezirk Marzahn-Hellersdorf mit dem Hauptanliegen, Hilfsangebotefür Flüchtlinge im Bezirk zu koordinieren und gemeinsam eine Willkommenskultur im Kiez zu schaffen, die Respekt, Toleranz, zivilgesellschaftliches Engagement,Solidarität und Demokratieförderung praktisch erlebbar werden lässt. Seit Sommer 2014 betreibt der Verein gemeinsam mit Geflüchteten eine Begegnungsstätte im Kastanienboulevard, wenige Meter entfernt von der Hellersdorfer Unterkunft für Geflüchtete.