22 Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung: Dieses deutliche Urteil des Dortmunder Schöffengerichts dürfte Daniel Grebe überrascht haben. Der Neonazi, der für die Splitter-Partei „Die Rechte“ in der Bezirksvertretung Scharnhorst sitzt, hat vor dem Amtsgericht in Dortmund gleich zwei Freiheitsstrafen kassiert. Im August war der erste Anlauf geplatzt – einer der Schöffen hatte selbst auf der Rathaustreppe gestanden.
Ein Gastbeitrag von Nordstadtblogger.de
Angeklagter stand unter Bewährung – daher wurden nun Haftstrafen verhängt
Zur Last gelegt wurde ihm ein Flaschenwurf am Wahlabend (25. Mai 2014) vor dem Dortmunder Rathaus, wo Grebe den Piraten-Politiker Christian Gebel am Kopf verletzte.
Außerdem sah es das Schöffengericht für erwiesen an, dass Daniel Grebe in der Silvesternacht (1. Januar 2015) auf dem Wilhelmplatz in Dorstfeld gezielt einen Böller auf Polizisten geschleudert hat.
Entscheidend für das Urteil ohne Bewährung war allerdings der Umstand, dass der Verurteilte zumindest während der Tat in der Silvesternacht noch unter Bewährungsauflagen stand.
Vier einschlägige Vorstrafen – u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung
Insgesamt vier Vorstrafen, u.a. wegen gemeinschaftlicher gefährlicher und versuchter Körperverletzung, uneidlicher Falschaussage, Bedrohung, Landfriedensbruchs und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz hat der aus dem nordhessischen Schwalmstadt stammende Rechtsextremist bereits kassiert.
Anlässlich des 66. Jahrestages der Bombardierung Dresdens im Jahr 2011 war Grebe mit rund 1000 teils vermummten Rechtsextremen in der sächsischen Landeshauptstadt unterwegs.
Die Dresdner Richter verurteilten Grebe 2014, weil er drei Jahre zuvor – vermummt und mit Kameraden – Polizeibeamte mit Pyrotechnik, Steinen, Betonresten und Zwillen attackiert hatte. Außerdem hätten er und seine Kameraden massiven Widerstand gegen die Festnahme geleistet. „Bürgerkriegsähnliche Zustände“ hätten in Dresden geherrscht.
Dresdner Richter fielen auf angebliche Distanzierung von der Neonazis-Szene rein
Trotz dieser massiven Vorwürfe verhängte das Gericht damals „nur“ eine Bewährungsstrafe – u.a. auch deshalb, weil Grebe alle Vorwürfe gestanden und sich vom Rechtsextremismus distanziert hatte.
Denn der Neonazi hatte in Dresden behauptet, dass er sich von seinen damaligen Kameraden losgesagt habe und sogar extra von Schwalmstadt nach Dortmund umgezogen sei. Auf die Idee, dort einmal nachzuforschen, kamen die Richter damals wohl nicht.
Seit 2012 lebt Daniel Grebe in der Ruhr-Metropole – in Dorstfeld – und studiert hier Wirtschaftswissenschaften. Mit dem Rechtsextremismus wolle er nichts mehr zu tun haben, sagte er den Dresdner Richtern. Dass er allerdings da schon zum harten Kern der Dortmunder Neonazis gehörte, ließ er unerwähnt.
Staatsanwaltschaft und Richter erkannten keine strafmildernden Umstände
Seine einschlägigen Vorstrafen holten den Politiker jetzt allerdings ein. Weder wollte das Gericht das Teilgeständnis noch seine Lebensumstände – er ist ein erfolgreicher Student der Wirtschaftswissenschaften und junger Familienvater – als mildernd anerkennen.
Denn beim Geständnis gab Grebe wenig glaubhaft vor, dass er ja mit seinem Flaschenwurf während des sogenannten „Rathaussturms“ niemanden habe verletzen wollen. Auch zeigte er weder Reue noch entschuldigte er sich bei dem Piraten-Politiker.
Außerdem wäre ihm die Tat auch ohne Geständnis nachzuweisen gewesen: Fotos, Videos und Zeugenaussagen machten deutlich, dass Grebe absichtlich, gezielt und mit voller Wucht die Bierflasche in die Gruppe vor sich geschleudert hatte.
Keine Notwehrsituation als strafmildernder Umstand zu erkennen
Dadurch, dass er aus nur drei Metern Entfernung die Flasche mit voller Wucht geschleudert hatte, habe er billigend auch schwere Verletzungen in Kauf genommen, betonte der Vorsitzende Richter Mattern. Es sei pures Glück, dass es keine schweren Verletzungen gegeben habe.
Auch konnten weder Staatsanwalt noch Gericht eine irgendwie geartete Notwehrsituation erkennen. Darauf hoben sowohl Grebe als auch sein Rechtsanwalt ab und versuchten, auch während der Zeugenaussagen, die Neonazis als Opfer eines gewalttätigen Mobs darzustellen.
Gewisse Schützenhilfe bekamen sie dabei vom Leiter der Ermittlungsgruppe „Rathaus“, der auf die Nötigungen abhob. Doch diese standen hier nicht vor Gericht. Es ging einzig und allein um die Körperverletzungsvorwürfe.
Böllerwurf auf Polizisten in der Silvesternacht auf dem Wilhelmplatz
Weniger eindeutig war die Situation in der Neujahrsnacht auf dem Wilhelmplatz: Dort wurde Grebe zur Last gelegt, gezielt einen Böller in Richtung von Polizeibeamten geworfen zu haben. Mehrere Beamte bestätigten den Vorfall.
Aber nur ein Beamter, der Grebe auch erkannt hatte, ihm nachgesetzt war und ihn auch festnahm, hatte ihn zweifelsfrei als Werfer identifiziert. Obwohl hier Aussage gegen Aussage stand, glaubte das Gericht dem Polizisten. Dieser habe keinen Grund, die Unwahrheit zu sagen.
Staatsanwalt und Gericht entschieden letztendlich so, weil Grebe genau wegen desselben Delikts (Einsatz von Pyrotechnik gegen Polizisten) schon sechs Monate zuvor verurteilt wurde. Deshalb stand er unter Bewährung.
Bewährungshelfer, Staatsanwalt und Richter erkannten daher auch dieses Mal keine günstige Sozialprognose. Denn sowohl das Studium als auch der Umstand, dass er ein einjähriges Kind habe, hätten Grebe nicht an seinen neuen Straftaten gehindert.
Schöffengericht verhängt zwei Freiheitsstrafen ohne Bewährung
Für den Flaschenwurf gegen Christian Gebel bildete das Schöffengericht mit der Bewährungsstrafe aus Dresden eine Gesamtstrafe von einem Jahr und vier Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Eine separat verhängte Freiheitsstrafe gab es für den Böllerwurf: Hierfür wurde der 25-Jährige zu sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Grebe hat jetzt eine Woche nach Zugang des schriftlichen Urteils Zeit, um in die Berufung zu gehen oder eine Revision zu beantragen.
Bei einer Haftstrafe würde Grebe seinen Sitz in der BV Scharnhorst verlieren
Sollte das Urteil gegen Grebe rechtskräftig werden, würde der Politiker der Partei „Die Rechte“ wegen der Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr kraft Gesetz seine Amtsfähigkeit und damit auch sein „Amt“ als Bezirksvertreter in Scharnhorst verlieren.
Wenn die Partei denn einen Nachfolger bräuchte, wäre André P. der gesetzte Nachfolger. Der Neonazi hat eine ähnlich „zurückhaltende“ Art wie Grebe: Der 24-jährige Skinhead musste sich im Juni an gleicher Stelle wegen Körperverletzung und Beleidigung verantworten, weil er mehrfach Journalisten attackiert und beleidigt hatte.
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