Der FDP-Landtagsabgeordnete Jan-Christoph Oetjen wollte kürzlich in einer Kleinen Anfrage von der Niedersächsischen Landesregierung wissen, welche Erkenntnisse nach der Spaltung von HOGESA über die Neustrukturierung der rechten Hooliganszene im Bundesland vorliegen. So erbat der Landtagsabgeordnete insbesondere Auskunft darüber, ob sich „Hooligans aus Niedersachsen“ an der Gruppierung „Gemeinsam Stark Deutschland e.V.“ (GSD) beteiligen würden. Die Antwort der Landesregierung: „Erkenntnisse über die Beteiligung von Hooligans aus Niedersachsen an GSD liegen nicht vor.“
Diese karge Antwort verwundert: Schon ein Blick auf die auf der Internetseite von „Gemeinsam Stark Deutschland e.V.“ zeigt, dass der bislang offensichtlich nicht eingetragene Verein seine bundesweite Kontaktadresse im niedersächsischen Städtchen Wolfenbüttel hat. Im Landkreis Wolfenbüttel wohnt auch Marcel Brunner, der laut dem Rechtsextremismusexperten Andreas Speit Vorsitzender von GSD ist. Auch seine Frau ist in den bundesweiten Strukturen der Gruppierung aktiv.
Marcel Brunner gehörte vor der Abspaltung von GSD bereits zum „Führungskreis Nord“ der „Hooligans gegen Salafisten“ (HOGESA) und war unter anderem an der Organisation der HOGESA-Versammlung am 15.11.2014 in Hannover beteiligt. Er rief die HOGESA-Anhänger außerdem zur Beteiligung an einer Kundgebung „Gegen linke Gewalt“ am 22.11.2014 in Hannover auf, die vom damaligen Vorsitzender des Braunschweiger Kreisverbandes der Partei „Die Rechte“ als „Privatperson“ angemeldet worden war. Vor Ort trat er zusammen mit dem Anmelder gegenüber der Polizei als Ansprechpartner für die Versammlung auf. Allerdings waren nur rund 80 Teilnehmer, darunter vor allem Neonazis und ein paar wenige Hooligans gekommen. Marcel Brunner war außerdem Anmelder eines Aufmarsches von „Gemeinsam Stark Deutschland e.V.“ am 2.5.2015 in Erfurt, an dem auch mehrere Neonazis und Hooligans aus niedersächsischen Städten, wie Hannover, Wolfsburg und Braunschweig teilnahmen. Vor Ort posierten Anhänger des „Bund Deutscher Hooligans“, der „Division Wolfsburg“ der „Berserker Deutschland“ und GSD-Anhänger aus Niedersachsen einträchtlich für die Kameras der anwesenden Journalisten.
Auch an den „Abendspaziergängen“ des Braunschweiger Ableger der PEGIDA-Bewegung, „Braunschweig gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (BRAGIDA) nahmen mehrmals Anhänger von GSD aus ganz Niedersachsen teil – deutlich erkennbar durch entsprechende Aufdrucke auf Kleidungsstücken und Transparenten.
Querverbindungen und Kontakte der GSD-Anhänger gibt es auch in die niedersächsische Neonazi-Szene. So haben die GSD-Anhänger Sascha S. und John-Pierre S. aus der Region Braunschweig schon zuvor an Neonazi-Aufmärschen teilgenommen und waren bereits als Mitglieder des im Sommer 2013 gegründeten „Kreisverband Braunschweiger Land“ der Partei „Die Rechte“ aktiv. Seine neonazistische Gesinnung zeigt Sascha S. ganz offen: Auf seinem Profil bei „VK.com“, einer Art russisches Facebook, nutzt der Braunschweiger den Namen des NSU-Terroristen Uwe Mundlos als Pseudonym und postete ein Hitler-Portrait.
Verbindungen von „Gemeinsam Stark Niedersachsen“ bestehen auch zu den „Jungen Nationaldemokraten“ (JN). So nahm der Braunschweiger JN-Aktivist, Sebastian Weigler, gemeinsam mit Marcel Brunner und John-Pierre S. nach dem Verbot des „Tag der deutschen Patrioten“ am 12.0.2015 in Hamburg an einem spontanen Aufmarsch durch Kirchweyhe teil. Immer wieder beteiligen sich Anhänger von GSD aus Niedersachsen auch an Aufmärschen neonazistischer Organisationen. So wollte Marcel Brunner am 31.3.2015 zusammen mit weiteren Personen aus dem Spektrum von „Gemeinsam Stark Deutschland e.V.“ u.a. aus der Region Hannover an einem Aufmarsch von Neonazis der Partei „Die Rechte“ in Hildesheim teilnehmen. Gleich zu Beginn versuchten Personen aus der Gruppe einen Gegendemonstranten zu attackieren und demolierten dabei einen Zaun. Dies führte schließlich dazu, dass die Neonazis die rechten Hools von der Versammlung ausschlossen. Eine handvoll niedersächsischer GSD-Anhänger beteiligten sich außerdem auch am sogenannten „Trauermarsch“ von Neonazis am 16.1.2016 in Magdeburg.
Die Übergänge zwischen den rechten Hooligangruppen, wie „Gemeinsam Stark Deutschland e.V.“ oder den „Berserkern Deutschland“ und der „klassischen“ Neonazi-Szene sind auch in Niedersachsen oftmals fließend. Das die Aktivitäten rechter Hooligangruppen den niedersächsischen Behörden bisher tatsächlich verborgen geblieben sind, ist kaum zu glauben. Das die Landesregierung „keine Erkenntnisse“ über die Beteiligung von Hooligans aus Niedersachsen an „Gemeinsam Stark Deutschland e.v.“ hat, macht allerdings deutlich, dass Sicherheitsbehörden und Politik sich noch immer schwer tun, die Gefahr solcher neuen rechten Bewegungen und Gruppierungen, wie HOGESA, GSD und PEGIDA richtig einzuschätzen.
Nachtrag: Auch an PEGIDA Hannover beteiligen sich Anhänger von „Gemeinsam Stark Deutschland e.V.“. An den letzten Montagen war u.a. am Redner-Pavillon ein Banner mit der Aufschrift „Gemeinsam Stark Niedersachsen“ zu sehen.