Ex-Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling hat vor dem Reichstag gegen den Islam demonstriert. Ihr droht nun ein Bußgeld bis zu 20.000 Euro.
Von Matthias Meisner, Tagesspiegel.de
Nach einer nicht angemeldeten Demonstration am Reichstagsgebäude ermittelt die Berliner Polizei gegen Ex-Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling und mehrere ihrer Mitstreiter, unter anderem den niederländischen Pegida-Anführer Edwin Wagensveld. Das teilte ein Polizeisprecher am Montag auf Tagesspiegel-Anfrage mit.
Hallo @polizeiberlin, hat Tatjana #Festerling eine Sondergenehmigung für Demonstrationen innerhalb der Bannmeile? pic.twitter.com/S7TAnacyKl
— Matthias Meisner (@MatthiasMeisner) 29. Juli 2016
Gemeinsam mit rund einem Dutzend weiterer Personen war Festerling mit der von ihr gegründeten Organisation „Fortress Europe“ am Freitag an mehreren Stellen der Hauptstadt aufmarschiert, außer am Bundestag unter anderem auch am Bundeskanzleramt und am Brandenburger Tor. Die Veranstalter selbst sprachen von einer „Guerilla-Aktion“. Auf Transparenten forderten sie unter anderem „Erdogan-AKP-Türken: Haut ab!“, „Kein Islamunterricht an deutschen Schulen“ und „Islamverbot: jetzt!“. Vor dem Reichstag traten zwei der Aktivisten vermummt auf.
Ausgangspunkt für die Ermittlungen der Polizei ist der Verdacht auf ein Verstoß gegen das Gesetz über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes aus dem Jahre 2008. Es erlaubt zwar grundsätzlich Aufzüge und öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel in der Umgebung des Bundestages, wenn die Arbeit des Parlaments nicht beeinträchtigt wird – wovon vor allem in Nichtsitzungswochen ausgegangen wird. Allerdings muss die Zulassung mindestens eine Woche zuvor beim Bundesinnenministerium beantragt werden. Laut Polizei indes war die Demonstration am Freitag vor dem Reichstag nicht angemeldet. Ein Verstoß gegen das Gesetz ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße bis 20.000 Euro geahndet werden.
Festerling bezweifelte auf ihrer Homepage, gegen Gesetze verstoßen zu haben. Politiker seien gar nicht da gewesen, schrieb sie. „Seit wann darf man sich auf der Wiese vorm Reichstag nicht treffen? Da stehen ganze Busladungen von Menschen.“ Zudem sei man extra weit auf die Wiese gegangen, „um den riesigen Kasten Reichstag ganz auf das Bild zu bekommen“. Die Aktivisten hatten am Wochenende ein Video der Aktion ins Netz gestellt.
Im Juli hatte die Hamburger Polizei ein Ermittlungsverfahren gegen Festerling eingeleitet. Sie verdächtigt die Ex-Pegida-Frontfrau, die im Streit mit Lutz Bachmann aus der Führung der Anti-Islam-Bewegung ausgeschieden war, des „Anwerbens für einen fremden Militärdienst“, Paragraph 109 h des Strafgesetzbuches. Festerling hatte Ende Juni gemeinsam mit Wagensveld Bulgarien besucht. Sie schloss sich in der Grenzregion zur Türkei für einen Tag einer paramilitärischen Bürgerwehr an, die dort Flüchtlinge jagt.
Am Montagabend trat Festerling bei Pegida in München auf, in Tarnjacke einer bulgarischen Bürgerwehr. Der dortige Ableger der Anti-Islam-Bewegung wird – anders als die Organisation am Stammsitz in Dresden – seit Ende vergangenen Jahres vom Verfassungsschutz beobachtet. Nach den Worten von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hetzt Pegida München gegen Muslime und Asylbewerber muslimischen Glaubens. Mit islamfeindlicher Propaganda, die alle Muslime unterschiedslos als potentielle Bedrohung bezeichne, beeinträchtige Pegida München – so wie auch Ableger in Franken – das friedliche Miteinander von Nichtmuslimen und Muslimen.