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444 in Trier – Ist Safet Babic zurück?

 

Zum Abschied noch ein Gruppenfoto: Die NPD demonstrierte nach zwei Jahren Pause wieder in Trier. © Max Bassin
Zum Abschied noch ein Gruppenfoto vor der Porta Nigra: Die NPD demonstrierte nach zwei Jahren Pause wieder in Trier. In der Mitte mit Plakat: Safet Babic © Max Bassin

Der Trierer NPD-Vorsitzende Safet Babic und ein Dutzend seiner Mitstreiter haben am Mittwoch anlässlich der Bundestagswahl vier Kundgebungen in Rheinland-Pfalz abgehalten. Beobachter zweifeln aber an einer Rückkehr des unfreiwilligen YouTube-Stars, dessen Video „Buntes Trier, nicht mit mir – 444!“ vor zwei Jahren viral ging.

Mit ihrem Video „Buntes Trier, nicht mit mir - 444!“ wurden sie weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt: die NPD Trier (Foto: Screenshot/YouTube)
Mit ihrem Video „Buntes Trier, nicht mit mir – 444!“ wurden sie weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt: die NPD Trier (Foto: Screenshot/YouTube)

Das peinliche Mobilisierungsvideo für eine Anti-Asyl-Demonstration wurde 2015 schnell zum Lacher in den sozialen Netzwerken. Jan Böhmermann, Oliver Kalkofe und zahlreiche Youtuber parodierten die Trierer NPD, überregionale Medien berichteten. Zur Demonstration kamen 40 Neonazis und 1.200 Gegendemonstranten. Ein letzter Höhepunkt der NPD. Danach wurde es ruhig um Babic, der für seine monatlichen Kleinstkundgebungen in Trier berüchtigt war. Pünktlich zur Flüchtlingsdiskussion hatte sich die rechtsextreme NPD hier faktisch zerlegt und handlungsunfähig manövriert – wohl wegen ihres Videos. In einem aufschlussreichen Bericht porträtierte Der Spiegel Babic später als einsamen NPD-Funktionär, der in einer Stadt lebt, die ihm durchweg feindlich gesonnen ist.

Auch in der NPD läuft es nicht mehr gut für ihn. „Safet Babic hat Rückhalt in der eigenen Partei verloren“, sagt Markus Pflüger vom Beratungsknoten Trier/Eifel im Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus Rheinland-Pfalz „Man muss die Entwicklung im Blick behalten, aber Babic scheint derzeit keine wichtige Rolle mehr zu spielen“. Bei der Bundestagswahl steht er dieses Jahr nicht auf der NPD-Landesliste. Lediglich als Direktkandidat tritt er für Trier und den Kreis Trier-Saarburg an. „Ich habe den Eindruck, die haben niemand anderen“, sagt Pflüger.

NPD-Wahlkampftour in Rheinland-Pfalz

Die Redner Safet Babic, Markus Walter und Detlef Walter © Max Bassin
Die Redner Safet Babic, Markus Walter und Detlef Walter © Max Bassin

Auf ihrer Wahlkampftour machte die NPD am Mittwoch Halt bei der US-Air Base in Spangdahlem, in den Städten Traben-Tarbach, Hermeskeil und Trier. Der Ablauf glich dem in Trier bekannten Muster: Ein Dutzend Neonazis, darunter junge Männer mit offensichtlichen Aggressionsproblemen, ließen sich von Gegendemonstranten beschimpfen, während Markus Walter (NPD-Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz), Detlef Walter (stellvertretender NPD-Vorsitzender Trier) und Safet Babic despektierlich über die Alliierten, Flüchtlinge und die Institutionen des demokratischen Rechtsstaates redeten. Zwischen den Reden und vorausgesetzt die Lautsprecheranalage machte gerade keine technischen Schwierigkeiten, beschallte Rechtsrock gelangweilte Polizisten.

Markus Walter griff in seiner Rede das antisemitische Narrativ des Brunnenvergifters auf, wendete es gegen „die Amis“ und behauptete die US-Amerikaner in Spangdahlem hätten „hier in Rheinland-Pfalz unser Trinkwasser […], unser Grundwasser auf Dauer und auf Jahrzehnte hinaus vergiftet“.

„Ich vermute, dass die heutige Kundgebung eine einmalige Wahlkampfgeschichte war“, sagt Nicola Rosendahl vom Verein „Für ein buntes Trier, gemeinsam gegen Rechts“. Der Verein hatte kurzfristig eine Gegenkundgebung organisiert an der bis zu 200 Personen teilnahmen. „Angesichts des gesamtgesellschaftlichen Klimas wollen wir einer Normalisierung von rechtem Gedankengut und einer weiteren Diskursverschiebung entgegen treten“, so Rosendahl.

Babic: „Die AfD geht in die richtige Richtung“

Trierer: Haben keine Lust auf Rassisten © Max Bassin
Trierer: Haben keine Lust auf Nazis © Max Bassin

Es ist bereits die zweite antirassistische Kundgebung innerhalb weniger Tage, die Rosendahl und ihre Mitstreiter organisierten. Am 1. September demonstrierten bis zu 450 Trierer gegen einen Wahlkampfauftritt der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel. Im Publikum der AfD-Veranstaltung waren auch das NPD-Mitglied Detlef Walter, sowie Besucher, die Jacken der Neonazipartei „Der III. Weg“ trugen. Rosendahl: „Ich denke das zeigt sehr deutlich, welches Gedankengut die AfD vertritt und auch, dass es für Nazis anschlussfähig ist“.

Fast als wollte Babic Rosendahl beipflichten, sprach er bei seiner eigenen Kundgebung über die AfD: „Es freut mich, dass im nächsten Bundestag mit großer Sicherheit die AfD einziehen wird, und damit eine Partei, die zumindest viele Forderungen der NPD ins Volk trägt und damit auch noch bekannter macht. […] Die AfD geht in die richtige Richtung, aber wir gehen noch einen Schritt weiter. Unser Ziel ist die nationale Revolution in Deutschland, unser Ziel ist der nationale Umbruch“.

200 Trierer demonstrierten gegen den Auftritt der NPD © Max Bassin
200 Trierer demonstrierten gegen den Auftritt der NPD © Max Bassin

Der Wahlkampf von Babic ist bislang überschaubar geblieben. Vergangene Woche pfiff er Familienministerin Katharina Barley (SPD) bei einer Podiumsdiskussion aus (Video). Weil das Trierer Verwaltungsgericht den Ausschluss Babic‘ von einer Stadtratssitzung und ein ausgesprochenes Hausverbot für rechtens ansieht, stilisierte er sich anlässlich der Urteilsverkündung in der Lokalzeitung zum Opfer mit „BRD-Maulkorb“. Ob Babic allerdings mit einer eigenständig wahrnehmbaren NPD in die Trierer Öffentlichkeit zurückkommt, bleibt abzuwarten. Die neuerlichen Wahlkampfaktivitäten können nicht über die strukturellen organisatorischen Schwäche der NPD hinweg täuschen. Dazu scheint die zunehmend radikaler auftretende AfD von der Trierer NPD nicht nur als Konkurrent um Wählerstimmen, sondern auch als politische Chance wahrgenommen zu werden.