Es war vor ein paar Wochen in einer Zeitung, deren Name ich hier nicht erwähnen darf, ohne den Zorn einiger Kommentatoren auf mich zu ziehen, da wurde ich einer üppigen Anzeige gegen Erich Honeckers vermeintliche Nachfahren gewahr – also einer Zeitungs-Anzeige natürlich. Was dann folgte, war ein intellektueller Abstieg, von dem ich mich erst noch erholen muss.
Nun, ich bestellte sie also, Prof. Knütters Broschüre „Ein Gespenst geht um in Deutschland“, mit der der Verein „Die Deutschen Konservativen e.V.“ Deutschland vor einer „linken Volksfront“ warnen will. Knütter ist übrigens derjenige, der mit „Die Faschismuskeule“ vor geraumer Zeit die recht bescheidene These, dass die PDS nach der Wende mit der Faschismusdoktrin politisch reüssieren wollte, in unbescheiden viele Seiten packte.
Etwa zwei Wochen später erhielt ich, der „sehr geehrte, liebe Herr Brodkorb“, noch einmal Post von Herrn Siegerist vom Verein „Die Deutschen Konservativen e.V.“. Er übersandte freundlich und kostenfrei Ausgabe 37/2008 des „Deutschlandmagazin“ und versprach, es handele sich hierbei um eine „geballte Ladung Dynamit gegen die Linken“. Nun, soviel Selbstbewusstsein macht neugierig, zumal Herr Siegerist andeutet, dass neben dem „Deutschlandmagazin“ nur noch eine andere deutsche Zeitung, deren Namen ich hier leider nicht nennen darf, „so deutlich Klartext“ spreche.
Auf der Titelseite erblickt der geneigte Leser Friedrich Merz (CDU) – bedeutsam in den Raum weisend. Auf Seite zwei wird dann sogleich die heißeste aller Geschichten des Jahres 2008 entblättert: Denn der Herr Siegerist befinde sich schon seit Monaten in Gesprächen mit Herrn Schlierer von den Republikanern. Im „engsten Freundeskreis von Friedrich Merz“ werde außerdem die „Parole“ ausgegeben, dass eben dieser neoliberal angehauchte CDU-Bundestagsabgeordnete im Jahr 2009 vielleicht eine neue Rechtspartei gründen könnte – und Schlierer sowie Siegerist dürften dabei selbstverständlich ihre „Hilfestellung“ anbieten. Früher nannte man so etwas nicht eine „Parole“, sondern eine Sch… hausparole! Allerdings entbehrt es zumindest nicht einer gewissen Kohärenz, dass der Herr Siegerist mir auch noch das Abonnement eines vertraulichen Nachrichtendienstes ans Herz legt, „den ich nicht kopieren und weitergeben darf“. Was da so alles drin stehen dürfte, kann ich mir jetzt schon ausmalen. Falls es mit Merz übrigens doch anders kommen sollte, verpflichte ich mich schon heute, einem Störungsmelder-Kommentator meiner Wahl eine Flasche anständigen Rotweins zu stiften. Freiwillige vor!
Dass der Chefredakteur des Blattes schlappe 79 Jahre alt ist und sich selbst zum Gegenstand von Leitartikeln erhebt, weil ihn Linke, obwohl er Jude sei, für einen „Nazi“ halten, macht das Bild ziemlich rund. Da ist es fast schon wieder erfrischend, dass einem der alte Heinrich Lummer, ehemaliger Berliner Innensenator und Ehrenpräsident des Vereins „Die Deutschen Konservativen e.V.“, auf Seite drei in einem sinn- und zusammenhanglosen Interview ein herzhaftes „Ich bin für Erziehungslager“ entgegen schmettert. Den Vogel schießt dann aber schließlich Seite acht ab. Leitthema: „Kostenlose Winterhilfe für deutsche Singvögel“. In ernsthaftem Ton kann man da lesen: „Kommt im Februar noch einmal strenge Kälte mit Schnee – dann sieht es schlecht aus für deutsche Piepmätze.“ Für die „Deutschen Konservativen“ tut es das jetzt schon. Das ist wohl deren letztes intellektuelles Aufgebot – oder die gerissenste Satire, die die „Titanic“ je gemacht hat.
Nachtrag: Ganz vergessen habe ich übrigens eine Passage aus dem Hause Monty Python. Da setzen sich die Deutschen Konservativen auf S. 23 mit „Bürger in Wut“ (BIW) aus Bremen auseinander, die knapp am Einzug in die Bürgerschaft gescheitert sind. Und jetzt dürfen Sie mal raten, wer die echten Rechten sind: BIW oder die Deutschen Konservativen – die judäische Volksfront oder die Volksfront von Judäa? „Timke (von BIW, M.B.) kopiert geschickt das Auftreten der DEUTSCHEN KONSERVATIVEN, verfolgt aber nur persönliche Ziele.“ So etwas kannte ich bisher nur von Sektierern von links.
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