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Proteste statt NPD Parteitag in Bad Gandersheim

 

Protest gegen NPD in Bad Gandersheim

„Der Parteitag in Bad Gandersheim wird durchgesetzt“ hieß es am 9. Mai noch immer auf einigen NPD-Seiten im Internet. Dabei hatte die NPD schon längst umdisponiert und ihre Veranstaltung mit etwa 80 Rechtsextremen in eine Gaststätte nach Wilhelmshaven verlegt. Im südniedersächsischen Bad Gandersheim demonstrierten statt dessen etwa 800 Personen gegen die Partei und ihre Pläne. Das Amtsgericht hatte am Donnerstag, den 6. Mai, die Vermietung des früheren Kurhauses als Versammlungsort untersagt, weil einer der beiden Miteigentümer einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Der zweite Besitzer hatte den Mietvertrag mit der NPD abgeschlossen, sein Partner hatte davon nach eigenen Angaben nichts gewusst.

Pünktlich um 10.00 Uhr hallt lautes Glockengeläut durch Bad Gandersheim und lädt zum Gottesdienst in der zentralen Stiftskirche. Auf diese Auftaktveranstaltung der Proteste unter dem Motto „Gandersheim gegen Rechts“ folgt bei sonnigem Frühlingswetter eine Demonstration durch die Innenstadt des Kurortes, kritisch und neugierig beäugt von vielen Bürgern und Kurgästen am Rand der Straßen. Vom Bad Gandersheimer Friedensbündnis initiiert, hatte eine Vielzahl von Initiativen, Gruppen und Parteien zur Teilnahme an den Protesten aufgerufen, darunter auch Gewrkschaften und die Landtagsfraktionen von SPD und der Partei „Die Linke“. Mit einem Kulturfest endete der Protestmarsch in Sichtweite des ehemaligen Kurhauses, in dem ursprünglich der Landesparteitag der niedersächsischen NPD stattfinden sollte. Polizeigitter und ein massives Polizeiaufgebot trennten die Demonstranten von dem leerstehenden Gebäude, auf dessen Türen und Fenstern Flugblätter zur „Zivilcourage gegen Rechts“ aufrufen.

Forderung nach neuem NPD-Verbotsverfahren

Johannes Klaus fordert NPD-Verbot

Auf der Bühne vor der Absperrung fand u.a. der Intendant der renommierten Gandersheimer Domfestspiele, Johannes Klaus, deutliche Worte zum Charakter der rechtsextremen Partei und forderte ein neues Verbotsverfahren für die NPD. Damit ist der Kulturschaffende nicht allein: auch viele Transparente und Schilder der Demonstrationsteilnehmer machten diese Forderung sichtbar. Ein Schritt, der vermutlich auch Bad Gandersheims Bürgermeister Heinz Gerhard Ehmen entgegen gekommen wäre, als er in der vergangenen Woche die rechtlichen Möglichkeiten geprüft hatte, den Parteitag im Kurort zu untersagen. Die Versuche blieben erfolglos und so blieb es bei einer Resolution des Kreisausschusses, die die Inhalte der NPD und ihre Aktivitäten missbilligt. Auf der Kundgebung erklärte Ehmen, die Stadt wolle die NPD und rechtsextremistisches Gedankengut nicht haben. Scharf kritisierte er den Mitinhaber des ehemaligen Kurhauses, Bernhard Esser, der der NPD einen Mietvertrag für das leerstehende Gebäude ausgestellt hatte.

Parteitag als Druckmittel für Immobilien-Deal?

Objekt der Begierde: das ehemalige Kurhaus

Dabei war es offensichtlich Esser selbst, der mit einer Mail gegenüber Medienvertretern auf den in Bad Gandersheim geplanten Parteitag hingewiesen hatte. Über die Gründe für sein Handeln kann bislang nur spekuliert werden: kurzzeitig hatte sich der Verdacht auf einen möglichen Immobiliendeal erhärtet, als der NPD-Landesvorsitzende Adolf Dammann erklärte, die Partei habe eine Kaufoption für das ehemalige Kurhaus. Damit könnte die Ankündigung des Parteitages ein Druckmittel gewesen sein, um die Stadt zu bewegen, die Immobilie zurück zu kaufen. Die jetzigen Eigentümer gelten als extrem verschuldet, wie der SPD-Landtagsabgeordnete Uwe Schwarz erklärte: „Die sind pleite“. Am Sonntag deutete jedoch nichts auf eine Übernahme des Kurhauses durch die NPD hin: rund vier Stunden nach dem Beginn des Gottesdienstes war für die zahlreichen Zaungäste in dem südniedersächsichen Kurort der Spuk vorbei. Die auswärtigen Demonstranten verließen Bad Gandersheim und auch die Polizei zog ihre Kräfte ab, während im 300 km entfernten Wilhelmshaven der NPD Landesvorstand seinen „Motivatiosparteitag“ durchführte.