In Berlin standen am Mittwoch drei ehemalige Mitglieder der verbotenen Nazigruppierung HDJ vor Gericht.
Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen
Die in dem Verein gepflegte Gesinnung war tiefbraun, eine Steigerung erschien unmöglich. Kinder und Jugendliche wurden meist in Zeltlagern von etwas älteren Neonazis im Geiste Adolf Hitlers indoktriniert, mit dem Ziel der Aufzucht einer neuen Elite, die ein neues Reich beherrschen sollte. Doch das Bundesinnenministerium machte dem Treiben am 31. März 2009 ein Ende und verbot die „Heimattreue Deutsche Jugend“, deren Kürzel „HDJ“ schon den Bezug zur Hitlerjugend deutlich macht. Mit den von HDJ-Funktionären verübten Straftaten ist nun an mehreren Orten die Justiz befasst. Am Berliner Landgericht mussten sich am Dienstag drei Ex-Funktionäre der Neonazi-Truppe verantworten.
Der aus Berlin stammende Ragnar D. (26), einst Anführer der „Leitstelle Nord“ der HDJ, hatte im Mai 2006 bei einem „Pimpfenlager“ mit mindestens 13 Kindern nahe Kölzin (Vorpommern) eine Gesichtsmaske herumgezeigt, auf der ein Hakenkreuz prangte. Außerdem verstieß D. bei einem Fackelumzug gegen das Verbot des Tragens von Uniformen als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung. Im Januar 2007 hielt D. in Räumlichkeiten der NPD in Georgsmarienhütte (Niedersachsen) eine „Rasseschulung“ ab, in der er Schwarze und Juden diffamierte. Anschließend wurde der Film „Der ewige Jude“ vorgeführt, ein Machwerk des NS-Regimes aus dem Jahr 1940. Da gelten Juden als Ratten, gegen die Deutschland unter der Führung Hitlers „das Kampfpanier“ erhoben habe.
Die Mitangeklagten Christian F. (27) und Daniela K. (24) hatten die Veranstaltung in Georgsmarienhütte organisiert. Alle drei legten jetzt Geständnisse ab. Ragnar D. und Christian F. gaben sich ansatzweise reuig. Christian F. ist heute allerdings Funktionär der NPD-Nachwuchsorganisation „Junge Nationaldemokraten“. Ragnar D. beharrte darauf: „Ich habe meine Einstellung.“
Vor dem Prozess hatte die Kammer in einem Gespräch mit Verteidigern und Staatsanwaltschaft signalisiert, Ragnar D. und Christian F. könnten bei Geständnissen mit „bewährungsfähigen“ Strafen davonkommen, Daniela K. mit einer Geldstrafe. Am Nachmittag verkündete der Vorsitzende Richter Olaf Arnoldi das Urteil: ein Jahr und fünf Monate auf Bewährung für Ragnar D., wegen Volksverhetzung und weiterer Delikte. Christian F. bekam ein Jahr auf Bewährung. Beide Angeklagten müssen zudem je 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Daniela K. hat eine Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro zu zahlen.