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Noch einmal Mügeln: Bewährungsstrafe für „Rädelsführer“

 

Einer der Rädelsführer der fremdenfeindlichen Ausschreitungen im sächsischen Mügeln im Sommer 2007 muss nun doch nicht hinter Gitter. Rund elf Monate nach der Tat setzte das Landgericht Leipzig laut Medienberichten die achtmonatige Gefängnisstrafe gegen den jungen Mann zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Der Mann war im Dezember wegen Volksverhetzung und Sachbeschädigung verurteilt worden. Dagegen legte der 23-Jährige, der nicht vorbestraft war, Berufung ein. Bei der Attacke waren alle acht Inder, vier Polizisten und zwei Angreifer verletzt worden.

FDP-Bürgermeister beklagte sich in der JF

Nach den Attacken hatte vor allem Bürgermeister Deuse (FDP) für Aufsehen gesorgt. Unter anderem hatte er der neurechten Jungen Freiheit ein Interview gegeben. Dort traf er dann offenbar endlich auf sehr verständnisvolle Gesprächspartner, die ihm seine Verharmlosungen gerne durchgehen ließen – und keine unangenehmen Fragen stellten. So passt die JF gleich steil auf rechts außen: Wieso spricht dann der ehemalige Regierungssprecher und Vorsitzende des Vereins „Gesicht zeigen!“, Uwe-Karsten Heye, mit Blick auf Mügeln von Meidezonen für Ausländer, sogenannten „no-go areas“, in den neuen Bundesländern? Deuse versenkt diese Vorlage ansatzlos: Ich weiß nicht, ob es solche Zonen überhaupt gibt, mir zumindest sind keine bekannt. Und weiter gehts in dem munteren Spielchen: Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo wiederum wirft Ihnen vor, daß Sie Rechtsextremismus als Ursache für den Vorfall ausgeschlossen haben. Deuse: Ja, ich sage klipp und klar: Rechtsextremismus schließe ich aus. Denn es besteht ein Unterschied zwischen ausländerfeindlichen Parolen von Betroffenen und Rechtsextremismus.

„Ausländerfeindliche Parolen von Betroffenen“ – man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen. Kein Wunder, dass Deuse offenbar findet, jedem könne mal ein `Ausländer raus!` rausrutschen. Und dann kommt selbstverständlich noch die Mär vom armen kleinen Deutschen, der seinen Nationalstolz nicht ausleben darf – von wem auch immer unterdrückt, man erfährt es leider nie. Aber dieses Thema darf nicht fehlen, besonders nicht, wenn es um rassistische Gewalt geht. Frage: Sie haben einen der verletzten Inder im Krankenhaus besucht. Deuse: Und ihm einen Blumenstrauß gebracht. Frage: Haben Sie auch die deutschen Opfer besucht? Deuse: Die waren da schon wieder entlassen. Sonst hätte ich das selbstverständlich auch getan. Aber ich verstehe, was Sie meinen. Ich kann diese Verklemmung bei uns Deutschen selbst nicht verstehen. Ich bin Jahrgang 1948 und habe mit dem braunen Terror von damals nichts zu tun, und deshalb frage ich mich: Warum können wir Deutsche eigentlich nicht – so wie das doch 2006 zur WM sehr schön gelungen ist – unverkrampft zu uns selbst stehen? Warum dürfen nicht auch wir mal unseren Nationalstolz zeigen? Ich zum Beispiel bin stolz darauf, Deutscher zu sein`.

Die NPD hatte natürlich auch ihren Senf dazugegeben und sich nicht entblödet, einen Brief an den indischen Präsidenten Singh zu schreiben. NPD-Fraktionschef Holger Apfel schrieb: die Stadt Mügeln habe keinen Grund sich zu entschuldigen, die Hetzjagd sei keine Hetzjagd gewesen und die Inder hätten die Auseinandersetzung begonnen, usw.usf.

Ein kleines Gedankenspiel…

Nun ist das natürlich an sich schon ziemlich absurd, da die Ermittlungsergebnisse und Bilder sowie Zeugenaussagen gegenteiliges belegen. Doch unabhängig davon hat Singh wahrscheinlich auch deutlich besseres zu tun, solche Briefe zu lesen – geschweige denn darauf zu reagieren. Doch aus Spaß an der Freude stelle man sich nur einmal folgendes vor: 

Mehrere Deutsche werden bei einer Art Stammesfeier in einer kleinen Unruheprovinz eines fernen Landes von durch Drogen unzurechnungsfähige Eingeborene geschlagen und gejagt – und dann meldet sich vollkommen ungefragt der örtliche Anführer einer Extremisten-Gruppe zu Wort und schreibt seine verquere Sicht der Dinge an Bundeskanzlerin Merkel.

Da ja Rechtsextremisten sehr gerne relativieren, soll dies in diesem Zusammenhang auch mal geschehen. So schreibt die NPD in der zum Brief gehörenden Pressemitteilung, Apfel sei durch 190.000 sächsische Wähler legitimiert. Schon toll. Aber wenig beeindruckend im Vergleich zu Singh – der repräsentiert nämlich die größte Demokratie der Welt mit mehr als 1,2 Milliarden Einwohnern. Was sagt das aus? Eigentlich nichts. Aber so absurd wird ja gerne mal „argumentiert“.

Siehe auch: Heitmeyer: `Wir brauchen Unruhe in Ostdeutschland!`, Mügeln: Ein Bürgermeister geht seinen Weg, Buchtipp: Ein recht direktes Völkchen?, Mügeln: Arme kleine Deutsche, Indien: Gestiegenes Interesse an deutschen Zuständen, Chance vertan: Debatte über feindliche Einstellungen bei Bügerlichen abgewürgt, Volksfest in Sachsen mit Hetzjagd auf Inder

NPD-BLOG.INFO über Mügeln.