In der vergangenen Woche druckte die Torgauer Zeitung kommentarlos eine Pressemitteilung der NPD ab. Ein Versehen? Nein, sagt der Chefredakteur, wir können die nicht ausschließen. Stefan-Niggemeier– und NPD-Blog hatten bereits in der vergangenen Woche berichtet: Der Text bezieht sich auf Zuschüsse an die Fraktionen, die diese im Kreistag Nordsachsen vereinbart haben. Nach einer Kreisgebietsreform wurde dort kürzlich die Anzahl der erforderlichen Sitze zum Erhalt des Fraktionsstatus von drei auf fünf erhöht. Dadurch geht die NPD bei der Zuteilung der Gelder leer aus.
In dem Pamphlet werfen die Rechtsextremisten den demokratischen Parteien eine „Selbstbedienungsmentalität“ vor. Die „Systemparteien“ würden die Reform nutzen, sich gegenseitig „Gelder zuzuschanzen“. Zum Schluss behaupten die NPD-Vertreter unwidersprochen, „die Partei aus dem Volk und für das Volk“ zu sein. Noch am Montag nachmittag war der NPD-Text über die Webseite der Torgauer Zeitung zu erreichen.
Chefredakteur Thomas Stöber verteidigte die Veröffentlichung. „Die Wähler, nicht wir haben der NPD ein Mikrofon in die Hand gegeben.“ Er sei einer „fairen Berichterstattung“ verpflichtet. Die Fraktionsmitglieder seien anerkannte Persönlichkeiten und zum Teil keine NPD-Mitglieder. Sie hätten bereits in regionalen Bürgerinitiativen mitgearbeitet. Stöber kündigte an, die Pressemitteilung im Blatt zu kommentieren. Gleichzeitig schloss er aus, sie von der Seite zu entfernen. Schließlich würden auch die Pressemitteilungen anderer Parteien mitunter kommentarlos veröffentlicht. „Die Leser fühlen sich veralbert, wenn wir die NPD ausschließen.“ Er wies die Verantwortung für das Erstarken der NPD etablierten Parteien zu, die nichts gegen einen Werteverfall im Land unternähmen. Zudem griff er die überregionalen Medien an, die die Politik nicht kritisch genug hinterfragten.
Die Torgauer Zeitung ist unabhängig, erscheint aber zusammen mit der Leipziger Volkszeitung, die zum Axel-Springer-Verlag gehört. Dort verwies man auf die Unabhängigkeit des Blattes, kündigte aber an, dem Vorfall nachzugehen. „Gehen Sie davon aus, dass wir uns sehr genau informieren werden“, sagte eine Springer-Sprecherin.
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