Am 20.12.2010 wurde bekannt, dass der Neonazi Daniel K., der an dem Mord an dem 19-jährigen Kamal K. am 24. Oktober in Leipzig beteiligt war, aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Zudem liegt laut K.s Verteidiger kein fremdenfeindliches Motiv vor. Politiker und zivilgesellschaftliche Initiativen protestieren gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft.
„Ich zeige mich fassungslos. Ein offensichtlicher Neonazis, der langjährig in einer Kameradschaft organisiert war, die für Gewalt gegen MigrantInnen und Linke bekannt ist, wird auf freien Fuß gesetzt, obwohl seine Mittäterschaft an einem Mord erwiesen ist. Damit leisten die Behörden einen echten Beitrag zur Verharmlosung von menschenverachtender Gewalt“, sagte die Stadträtin Juliane Nagel (Linke).
Ein weiteres Mal wird zudem ein Mord an einem Migranten entpolitisiert.
An die 150 Todesopfer rechter Gewalt zählen Vereine und Initiativen seit 1990 – nur 47 werden in der offiziellen Statistik des Bundesinnenministeriums geführt. Diese Diskrepanz kommt dadurch zustande, dass Ermittlungsbehörden und Gerichte Tatmotive und Hintergründe bagatellisieren und verdrängen. Dass dies nun auch im Fall Kamal K. geschehen soll, ist nicht hinnehmbar.
Daniel K. trug trug bei seiner Festnahme kurz nach dem Mord ein Shirt mit dem Aufdruck „Kick off Antifascism“, ein Spruch, der zweifelsfrei seine neonazistische Gesinnung demonstriert.
Seinen Aussagen Glauben zu schenken, er habe der rechten Szene abgeschworen, ist vor diesem Hintergrund eine Farce. Zudem wurde er laut Aussagen des Journalisten Michael Klarmann bei seinem Haftaufenthalt, der erst vor wenigen Monaten endete, von der neonazistischen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ unterstützt.
Die Freilassung Daniel K.s und die Entpolitisierung des Mordes ist ein Schlag ins Gesicht der Familie und Freunde von Kamal.“
Auch der Initiativkreis Antirassismus hat eine Stellungnahme abgegeben:
Die mutmaßlichen Täter Daniel K. und Marcus E. waren von der Polizei in der Nähe des Tatortes aufgegriffen worden – inklusive Mordwaffe. Offenbar wird gegen Daniel K. jetzt nur noch wegen „gefährlicher Körperverletzung“ ermittelt. Der Verdächtige hatte in einer Aussage seinen Kumpanen Marcus E. bezichtigt, die tödlichen Messerstiche verursacht zu haben.
Beide hätten „viel getrunken“, Daniel K. habe jedoch laut Verteidiger „von den Messerstichen nichts mitbekommen“. Er habe im übrigen „im März 2008 mit der rechten Szene gebrochen.“ Die Tat habe folglich „kein fremdenfeindliches Motiv“.
Der Initiativkreis Antirassismus weist darauf hin, dass diese Angaben nicht den Tatsachen entsprechen. Bekannt ist dagegen folgendes:
- Daniel K. hat eine langjährige Karriere als Neonazi hinter sich, war u.a. in der gewaltbereiten „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) aktiv.
- In seiner 2007 angetretenen Haftzeit – in der er auch Marcus E. kennenlernte – wurde Daniel K. laut Presseberichten von der einschlägigen neonazistischen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige“ (HNG) unterstützt.
- Daniel K. war zu keinem Zeitpunkt Szene-“Aussteiger“. Es gibt keinerlei Hinweise, keine eigenen Statements und keine Informationen entsprechender Beratungsstellen, dass er mit der Szene „gebrochen“ haben könnte. Noch bei seiner Verhaftung trug er einen Pullover mit der Aufschrift „Kick off Antifascism“.
„Der Initiativkreis Antirassismus ist erschüttert über die vorzeitige Freilassung des Daniel K.“, erklärt Pressesprecherin Miriam Schleicher. „Noch schwerer aber wiegt der dreiste Versuch, die Ermordung eines Migranten durch zwei deutsche Rassisten mit dem Hinweis auf einen Alkoholrausch zu bagatellisieren. Als würde das irgendetwas besser machen.“