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Veranstaltung zu Todesopfern rechter Gewalt

 

In Berlin findet am Montag eine Veranstaltung zum Thema tödliche Gewalt von Neonazis statt. Ein Bündnis bereitet damit das Gedenken an den von Rechten 2000 ermordeten Dieter Eich vor. Der Störungsmelder dokumentiert den Aufruf zu den Gedenkaktionen.

„Gegen das Schweigen! Für ein würdiges Gedenken an die Opfer rechter Gewalt.

Kurzaufruf für das Gedenken an Dieter Eich am 24. Mai 2011
und die Podiumsveranstaltung am 16. Mai 2011.

Seit dem Mauerfall wurden in Deutschland rund 150 Menschen durch Neonazis ermordetet, doch die offizielle Statistik spricht lediglich von 47 Toten. Nach welchen Kriterien  dabei vorgegangen wird, ist rätselhaft. Klar ist jedoch, dass viele Richter_innen sich scheuen, eine Tat als klar rechts motiviert zu benennen. In den Medien werden rassistisch oder nationalistisch motivierte Morde nicht selten als „Streit unter Saufkumpanen“ dargestellt. Dabei wird jedoch das eigentliche Tatmotiv völlig außer Acht gelassen und verharmlost. Betrachtet mensch die Tatmotive rechter Morde, so lässt sich erkennen, dass diese ebenso vielfältig sind, wie zu Zeiten des Dritten Reichs.Um wachsam zu bleiben, den Ermordeten ein würdiges Gedenken und den Angehörigen “Gerechtigkeit” zu verschaffen, sehen wir es als notwendig an dagegen etwas zu tun. Darum laden wir am 16. Mai zu einer Podiumsdiskussion mit Menschen ein, die sich seit mehreren Jahren für die Opfer neonazistischer Gewalt und deren Angehörige stark machen.

Um auch praktisch Zeichen gegen die gegenwärtige Ignoranz zu setzen werden wir am 24. Mai in Pankow-Buch eine Demo und ein Gedenken veranstalten. Wir möchten damit an Dieter Eich erinnern, der im Mai 2000 von vier Neonazis ums Leben gebracht wurde. Dieter Eich ist einer der „verschwiegenen Toten“. Obwohl der neonazistische Hintergrund der Tat belegt ist gilt er offiziell nicht als Opfer rechter Gewalt. Als Begründung führte die Staatsanwaltschaft an, dass der tödliche Messerstoß nur eine Verdeckungstat des vorangegangenen Übergriffs dargestellt habe.

Wie viele der Ermordeten passte auch Dieter Eich nicht in die typische Vorstellung, die von Opfern rechter Gewalt herrscht. Oft sind es eben finanziell schwächer gestellte oder obdachlose Menschen, die von Neonazis angegriffen oder ermordet werden, denen aufgrund ihres Status in der Gesellschaft, das Lebensrecht aberkannt wird.

Auch, wenn die Statistiken zugunsten der Opfer korrigiert werden würden, wäre eine Auseinandersetzung mit den Ursachen noch lange nicht gegeben, da die Ursachen für das mörderische Handeln der Rechten dieser Gesellschaft tief eingeschrieben sind.

Mit der Gedenkkundgebung, wie auch mit der Podiumsdiskussion soll die die Debatte um die verschwiegenen Toten gestärkt und die Forderung nach einem Gedenkstein am ehemaligen Wohnhaus von Dieter Eich hervorgehoben werden. Wir hoffen auf euch, wir hoffen auf dich, schließlich ist es ein Kampf der uns alle angehen sollte.“

Mo., 16. Mai 2011, Veranstaltung: “Die verschwiegenen Toten”
Zum Umgang mit dem Opfern rechter Gewalt in Deutschland
19.30 Uhr, Haus der Demokratie, Greifswalder Straße 4 Anfahrt | M4: Tram-Station “Am Friedrichshain”

Di., 24. Mai 2011, Demo & Kundgebung im Gedenken an Dieter Eich
17.30 Uhr, S-Bhf. Buch | S 2 | Bringt Blumen mit!
Referent_innen bei der Veranstaltung am 16. Mai 2011:

Heike Kleffner (freie Journalistin / Aktion Sühnezeichen e.V.)
Hat als Frankfurter Rundschau-Autorin 2000 zusammen mit Frank Jansen die Debatte um verschwiegene rechte Morde angestoßen. Mitglied des Beirats der Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt, Veröffentlichungen u.a. in: Frankfurter Rundschau, “jetzt” – Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung, Tagesspiegel, taz.

Ulla Jelpke (MdB Die.LINKE)
Seit Jahren aktiv gegen die Beschönigung der Opferstatistiken.

Helga Seyb (Reach Out)
Reach Out berät seit Jahren Opfer rechter Gewalt, vermittelt Anwälte und begleitet die Betroffenen während der Prozesse.

Marek Grosz (ehem. Mitglied der Kampagne “Schon vergessen”)
Die Antifa Greifswald initiierte im Jahr 2006 die Kampagne “Schon vergessen”, die sich für einen Gedenkstein für Eckard Rütz einsetzte. Eckard Rütz wurde am 25. November 2000 in Greifswald von Neonazis auf Grund seiner Obdachlosigkeit ermordet.

Martin Sonnenburg (Bündnis “Niemand ist vergessen!”)
Seit 2007 wurde das Gedenken an den von Neonazis in Berlin-Buch ermordeten Erwerbslosen Dieter Eich wieder aufgenommen und mündete 2010 in der Gründung des Bündnisses “Niemand ist vergessen!”. 2010 organisierte das Bündnis eine breit angelegte Kampagne zum zehnten Todestag Dieter Eichs.

Initiativkreis Antirassismus (Leipzig)
In der Nacht vom 23. auf den 24.10.2010 wurde der 19-jährige Kamal K. in Leipzig von Neonazis ermordet. Für ein rassistisches Tatmotiv hätte es – laut dem Leipziger Oberstaatsanwalt – keine Hinweise gegeben. Der Initiativkreis Antirassismus begleitet seit dem Mord den Fall durch Öffentlichkeitsarbeit.

Aufrufer_innen/Unterstützer_innen:
„Niemand ist vergessen!“-Bündnis, Antifaschistisches Infoblatt, Reach Out – Opferberatung, North East Antifascists (NEA), Anrachosyndikalistische Jugend – Berlin (ASJ), Die.LINKE Pankow, VOSIFA, VVN – BdA – Berlin, Die.LINKE – AG Antifa/Antira pankow, Antifaschistische Initiative Nordost (AINO)

Gefördert durch: Netzwerk Selbsthilfe e.V