Zum fünften Mal analysieren Berliner Projekte, Initiativen und WissenschaftlerInnen die „Berliner Zustände“ und geben damit einen Einblick in ihre tägliche Arbeit gegen Rechts. Der Schattenbericht soll nach eigenen Angaben „eine Alternative zu staatlichen Sichtweisen bieten“ und die „wesentlichen Entwicklungen und Tendenzen“ in Berlin in den Blick nehmen.
Herausgegeben wird der Bericht vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz) und der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Die Autoren betonen, dass durch die „Extremismus-Debatte“ „die hart erkämpften Standards in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus gefährdet“ werden. Wie sich diese Debatte auf die konkrete Demokratiearbeit von Trägern und Initiativen auswirkt, beschreibt der Beauftragte für Integration und Migration des Berliner Senats, Günter Piening, in seinem Vorwort.
„Extremismusklausel“, Sarrazin, NPD-DVU-Fusion, „Abendland in Christenhand“, „Berlins geheime Nazi-Nester“, Pro Deutschland, Nazi-Angriffe auf linke Einrichtungen in Kreuzberg und Neukölln, antimuslimischer Rassismus, „Marsch für das Leben“ – diese Schlagwörter haben die öffentlichen Diskurse und die Arbeit der Initiativen und Projekte im vergangenen Jahr geprägt. Ihnen widmen sich die insgesamt neun Artikel.
Insbesondere in Kreuzberg und Nord-Neukölln kam es 2010, wie auch in der ersten Jahreshälfte 2011, immer wieder zu Angriffen durch rechtsextreme Aktivist/innen auf alternative Einrichtungen, Läden oder Privatwohnungen. Der Beitrag der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin nimmt diesen nächtlichen Aktionismus in den Blick, der eine beunruhigende Tendenz der Professionalisierung im Verleumden und Ausspionieren (vermeintlicher) politischer GegnerInnen erkennen lässt.
Mit dem Themenschwerpunkt „Antifeminismus“ soll aufgezeigt werden, welche Rolle antifeministische und sexistische Argumentationen in verschiedenen Politikfeldern spielen: im antimuslimischen Rassismus, wo die Forderung nach Frauenrechten rassistisch instrumentalisiert wird, im organisierten Rechtsextremismus oder auch im christlichen Fundamentalismus.
Der Beitrag des apabiz zeigt Anhand des jährlich stattfindenden „Marsches für das Leben“ von sogenannten LebensschützerInnen in Berlin auf, wie antifeministische und christlich-fundamentalistische Bestrebungen bis in die Mitte der Gesellschaft hineinwirken.
Für die „Berliner Zustände 2009“ haben die HerausgeberInnen den alternativen Medienpreis 2010 verliehen bekommen. Dieser Preis und die positive Resonanz der letzten Jahre machen deutlich, wie wichtig eine kontinuierliche Analyse der „Zustände“ für eine qualitative Weiterentwicklung der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rassismus ist.
Der Schattenbericht 2010 steht unter www.apabiz.de und www.mbr-berlin.de als PDF-Datei (1,9 MB) zum Download zur Verfügung.