Mit einem breiten öffentlichen Protest setzte Deggendorf am 22. Februar ein deutliches Zeichen gegen den NPD-Aschermittwoch in der niederbayerischen Stadt. Für den „politischen Aschermittwoch“ der rechtsextremen Partei hatten sich ca. 50 Personen in dem Deggendorfer Gasthof Gruber eingefunden. Als Hauptredner trat der NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel auf.
Rund 500 Menschen versammelten sich am Mittwoch, den 22. Februar 2012, ab 17 Uhr am Oberen Stadtplatz in Deggendorf, um ein deutliches Zeichen gegen den „politischen Ascher-mittwoch“ der rechtsextremen NPD zu setzen. In den Redebeiträgen bei der Veranstaltung am Oberen Stadtplatz wurde unter anderem die Forderung nach einem Abzug von V-Leuten aus der NPD und einem anschließenden Verbot der rechtsextremistischen Partei laut. An anderer Stelle wurde zum „Hinschauen statt Wegschauen“ aufgerufen, oder gemahnt, das Thema „nicht totzuschweigen, damit die Angst nicht gewinnen kann“. Zudem sagte einer der Referenten: „Wir dürfen dem Rechtsextremismus nicht die Straßen unserer Heimat überlas-sen!“
Zu den Rednern der Gegenkundgebung gehörten die Oberbürgermeisterin Anna Eder (CSU), der Landrat Christian Bernreiter (CSU), der Bürgermeister von Thurmansbang Martin Behringer und die Staatssekretärin und Landtagsabgeordnete Katja Hessel von der FDP sowie der Landrat des Landkreises Regen, Michael Adam (SPD). Außerdem traten die MdLs Eike Hallitzky (Die Grünen), Florian Ritter (SPD) und Andreas Fischer (FDP) und der Bundestagsabgeordnete Barthl Kalb (CSU) sowie evangelische, katholische und islamische Geistliche und Vertreter vom Türkisch-Islamischen-Kulturverein auf.
Im Anschluss an die Redebeiträge und eine musikalischen Darbietung zogen die Demonst-ranten mit Transparenten weiter in Richtung des Michael-Fischer-Platzes. Auf den Plakaten der engagierten Neonazi-Gegner war beispielsweise zu lesen: „Deggendorf ist bunt und bleibt es!“ oder „Weg mit dem braunen Gesindel“. Einer der Referenten sprach am Michael-Fischer-Platz dann auch sehr deutliche Worte gegen neonazistische Umtriebe: „Ich rufe der NPD zu, egal wo ihr seid, ob in Thurmansbang, Fürstenzell Passau, Landshut oder hier in Deggendorf, wir werden immer stehen und immer gegen diese braune Seuche demonstrie-ren.“ Nachdem die letzten Reden gesprochen waren, ließen die anwesenden Teilnehmer Luftballons in den Himmel steigen, sodass sich allen ein buntes Bild bot, das symbolisch für ein buntes Deggendorf stand. Danach wurde die Veranstaltung, die die ganze Zeit über abso-lut friedlich verlaufen war, aufgelöst.
Zeitgleich mit Beginn der Gegenkundgebung startete am Gasthof Gruber der Einlass für den politischen Aschermittwoch der NPD. Nach und nach trudelten immer mehr rechte Personen ein und betraten den Gasthof. Bald zeigte sich, dass vor allem viele ältere Zuhörer zu den Besucher des NPD-Aschermittwochs zählen würden. Von dem Ansinnen der NPD, besonders junge Leute von ihren Zielen zu überzeugen , war an diesem Abend wenig zu erkennen, le-diglich wenige jüngere Personen fanden sich ein.
Gegen 17:30 Uhr kam schließlich der Hauptredner der NPD, der Bundesvorsitzende Holger Apfel, in Deggendorf an. Zusammen mit Sascha Roßmüller, stellvertretender Landesvorsit-zender der Bayern-NPD, verließ Apfel sein Fahrzeug, um die Anwesenden zu begrüßen und sich schließlich in den Gasthof zu begeben. Thema des politischen Aschermittwochs der rechtsextremen Partei sollte sein: „Patrioten statt EU-Chaoten“. Neben Apfel soll auch der Bezirksvorsitzende der NPD-Niederbayern Alfred Steinleitner gesprochen haben.
Bereits vor Einlassbeginn bei der NPD-Veranstaltung kam es zu einer interessanten Art des Protests gegen die Neonazis: eine Gruppe Jugendlicher hatte sich ganz in der nähe des Gast-hofs aufgestellt und ein junges Mädchen kletterte auf eine Straßenlaterne, schnallte sich dort an und breitete dann ein Transparent mit der Aufschrift „Nazis aufs Dach steigen“ aus. Die Beamten, die angesichts dieses Protests etwas planlos wirkten, schienen zunächst über-fragt, ließen das Mädchen dann allerdings an der Laterne hängen. Ihr Protest war also die ganze Zeit über auch für die ankommenden rechtsextremen Veranstaltungsteilnehmer gut sichtbar. Nach rund 2,5 Stunden soll sie von selbst wieder heruntergekommen sein, wie ein Polizeisprecher berichtet. Allerdings erwartet die Gruppe Jugendlicher und das Mädchen für Ihre Zivilcourage nun eine Anzeige wegen Sachbeschädigung und Widerstand gegen Voll-streckungsbeamte – sie sollen auch die NPD-Plakate beschädigt haben.
Insgesamt zog die Polizei allerdings ein positives Fazit: Die Demonstration von „Deggendorf ist bunt!“ am Oberen Stadtplatz bezeichnete der Polizeisprecher als „gute, problemlose Ver-anstaltung“. Es seien fast alle Demonstranten, die sich zuvor am Oberen Marktplatz ver-sammelt hatten, mit zum Michael-Fischer-Platz gezogen. Deshalb sprach er von einer „ge-schlossenen und schönen Veranstaltung“. Auch ansonsten hätte es keine Vorfälle gegeben.