Mehr als 400 Menschen protestierten am vergangenen Samstag gegen einen Naziaufmarsch in Trier. Dem Aufruf der NPD „Stahlhart für soziale Gerechtigkeit“ folgten nur etwa vierzig Neonazis. Anlässlich der Schließung eines unprofitablen Stahlwerks witterte die NPD ihre Chance „für eine andere Wirtschaftsform“ zu werben und Sympathien der Bevölkerung zu erhaschen. Unterstützung bekamen sie dabei auch von militanten Neonazis aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Doch anstatt Zuspruch zu ernten, wurden sie von den Nazigegner ausgepfiffen.
Unweit des Hauptbahnhofs hatten sich entlang der komplett abgeriegelten Wegstrecke zahlreiche Gegendemonstranten versammelt. Auf Transparenten war zu lesen „Trier braucht dich und keine Nazis“. Nach ihrer Motivation gefragt, erklärt eine Schülerin sie sei hier, weil sie als Konsequenz aus dem Nationalsozialismus für sich gezogen habe, dass man sich „dagegen stellen“ müsse. Dass die Einstellung der NPD „gar nicht geht“ findet auch ihre Freundin. Ein Jugendlicher plädiert dafür sich auch mit den Ursachen, die „Nazis hervorbringen“ zu beschäftigen.
Wegen der umfangreichen Absperrungen der Polizei blieben vielen Geschäftsleuten an diesem Tag die Kunden aus. Die Rechten hatten in den vergangenen Monaten zahlreiche Kundgebungen und Demonstrationen in Trier angemeldet. Für die Unternehmer bedeutet das jedes Mal Umsatzeinbußen, teilweise von mehreren tausend Euro. Verständnis oder gar Zuspruch für die „Kriminellen“ der NPD sucht man hier vergebens.
Diesmal wollten die Ultrarechten angeblich gegen soziale Ungerechtigkeit protestieren. Nutznießer und Verursacher dessen sind für NPD-Funktionär Markus Walter schnell gefunden. Laut seinen Äußerungen seien es „einige wenige Profitmillionäre“, die „sich mit ihrer bereits krummen Nase nicht zufrieden geben, sondern sich diese auch noch vergolden wollen“. In der nationalsozialistischen Darstellung wurden Juden oft mit krumm gewachsene Nasen gezeigt. Safet Babic von der NPD Trier donnerte den Gegendemonstranten entgegen: „Dass wir auch Sozialisten sind, das werden wir euch jedem Einzelnen in die Gehirne kloppen“. Ihre Antwort ist unmissverständlich und schallt lautstark durch die Innenstadt: „Halt die Fresse!“
Die Bombe fürs System
Manche Nazis reisten weit an. Neben den Mitgliedern der NPD Trier nahmen auch Neonazis der NPD aus Pirmasens, Rechte aus Lothringen, Mitglieder der Freien Nationalisten Euskirchen, sowie der Kameradschaften Saarsturm und Zweibrücken teil. Letztere bauten nicht nur den Lautsprecherwagen auf, sondern stellten auch ihr Fronttransparent zur Verfügung. Das Motiv zeigt einen Adler, der eine schwarz-weiß-rote Bombe in den Krallen hält. Der Spruch daneben ist bedrohlich: „Die Bombe fürs System!“. Auf ihrer Homepage hat die Kameradschaft das Motiv schon seit einigen Wochen abgeändert. Erklärend teilt sie dort mit dass wegen des Motivs bereits ermittelt werde. Unbehelligt von Polizei und Justiz wurde es jedoch durch Trier getragen.
Babic hat keine Berührungsängste mit militanten Neonazis. So rühmt er sich beispielsweise seiner Kontakte zum „Aktionsbüro Mittelrhein“. Erst wenige Tage zuvor wurde diese Kameradschaft als „kriminelle Vereinigung“ eingestuft und zahlreiche Mitglieder gezielt verhaftet. Auf Anfrage von volksfreund.de spricht Babic von „einer guten Zusammenarbeit“ mit dem Aktionsbüro. Laut örtlichen Antifaschisten sei diese aber eher oberflächlich. Nur Aktionsbüro-Mitglied Sven Lobeck ist ebenso wie Babic Mitglied im Vorstand der NPD Rheinland-Pfalz, was der Grund für eine punktuelle Zusammenarbeit sei. Als in Deutschland geborener Sohn bosnischer Eltern, sorgt der selbsternannte „europäische Befreiungsnationalist“ Babic seit Jahren für Spaltungen und Zwist innerhalb der Szene.
Geschichtsträchtige Demotermine
Seit der NPD-Mann Babic im September 2011 auf Grund einer Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung aus dem Stadtrat in Trier ausgeschlossen wurde, lässt er immer wieder Anhänger in der Stadt aufmarschieren. Laut Eileen Becker vom Multikulturellen Zentrum Trier ist dies bereits die achte Anmeldung seit dem gewesen.
Am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, hielt er eine Kundgebung „gegen den Kapitalismus“ ab. Eine von ihm für den Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslager Auschwitz am 27. Januar angemeldete Demonstration wurde gerichtlich untersagt. Gemeinsam mit drei Kameraden marschierte er dann einen Tag später als geplant in der Universitätsstadt auf. Statt Zuspruch zu bekommen flogen Eier auf die vier Rechten. „Diese Termine sucht sich Babic gezielt für seine Provokationen aus“, sagt Bettina Hause von der Autonomen Antifa Trier. „Die Kundgebung am 9. November war von antisemitischer Hetzte durchzogen; im Januar versuchte er mit ähnlichen Ausgüssen seine drei Kameraden über zwei Stunden bei Laune zu halten. Diese Gesinnung und auch die Gefährlichkeit der Nazis sollte nicht vergessen werden – auch wenn Babics Auftritte in Trier immer blamabler und teilweise grotesk werden.“.
Ob sich die NPD Trier um Babic nochmal die Blöße geben wird in der Stadt aufzumarschieren, die zwar sichtlich genervt von, aber trotzdem couragiert gegen, die Neonazis aufsteht bleibt abzuwarten. Selbst die eigenen Demoteilnehmer brachten nach über anderthalbstündigen Zwischenkundgebungen kaum noch die Kraft auf dem umstrittenen Selbstdarsteller Safet Babic zu applaudieren.