Durch einen offenen Brief legen drei führende Neonazis des neonazistischen Kameradschaftsdachverband „Freies Netz Süd“ (FNS) ihre Ämter in der bayerischen NPD nieder. Angefangen hat alles 2008. Während die NPD in Bayern miese Wahlergebnisse einfährt und in einer Stadt mit 110.000 Einwohnern nicht mal die benötigten 385 Unterschriften zum Wahlantritt beschaffen kann, kriselt es im bayerischen Landesverband.
Bei dem Parteitag am 9. November in Limbach kommt es dann zum Eklat. Neonazis, teilweise ehemalige Aktivisten der verbotenen Kameradschaft „Fränkische Aktionsfront“ (FAF), versuchen sich in den Landesvorstand zu putschen um den amtierenden Landesvorsitzenden Ralf Ollert zu stürzen. Alle Versuche missglücken und etliche Neonazis erklären noch auf dem Parteitag ihren Austritt aus der NPD. In den darauffolgenden Wochen verlassen immer mehr Aktivisten ihre Partei und gründen das „Freie Netz Süd“ (FNS). Mehrere Ortsverbände lösen sich auf und sind bis heute inaktiv. In den kommenden Jahren herrscht zwischen dem FNS und der Parteiführung in Bayern eine Stimmung der Konkurrenz und Ablehnung.
Die drei ehemaligen NPD Aktivisten Robin Siener (ehemaliger Vorsitzender NPD KV Regensburg), Simon Preisinger (ehemaliger Vorsitzender NPD KV Tirschenreuth) und Daniel Weigl (ehemaliger Vorsitzender NPD KV Cham-Schwandorf) haben jetzt ihren Austritt öffentlich bekannt gemacht. Alle drei gehören zu den führenden Köpfen des Freien Netz Süd und verkörperten unter anderem die Führungsspitze der NPD Oberpfalz. Simon Preisinger ist Verantwortlich im Sinne des Presserechts für die Internetseite des FNS. Daniel Weigl hat einen eigenen Versand (Final Resistance Versand), mit dem er allerlei neonazistische Produkte und FNS-Propaganda vertreibt. Robin Siener ist vor allem für die Kontakte zur tschechischen Neonaziszene zuständig. Die Neonazis kritisieren in ihrem offenen Brief, dass der Landesverband um Ollert auch ein „Auftrittsverbot“ von Karl-Heinz Hoffmann ausgesprochen habe.
Karl–Heinz Hoffmann ist Gründer der berüchtigten „Wehrsportgruppe Hoffmann“ (WSG) die 1980 verboten wurde. Die WSG führte paramilitärische Übungen mit scharfen Waffen und „nostalgischen“ Uniformen aus dem dritten Reich durch. Das Ziel: die Abschaffung der Demokratie und die Errichtung einer Diktatur nach NS-Vorbild. Nachdem Verbot wurden unzählige Gewehre, Handgranaten und weitere Waffen und die dazugehörige Munition sichergestellt. 8 Monate nach dem Verbot zündete Gundolf Köhler auf dem Oktoberfest in München eine Bombe bei deren Detonation 13 Menschen (darunter auch der Köhler) ums Leben kamen, etliche wurden teilweise schwer verletzt. Köhler war Mitglied der Wehrsportgruppe. Im Dezember 1980 wurden der jüdische Verleger Shlomo Levin und seine Ehefrau Friede Poeschke von dem ehemaligen WSG-Mitglied Uwe Behrendt erschossen.
Auch der oberbayerische Neonazi Martin Wiese darf laut dem offenen Brief nicht mehr auf NPD-Veranstaltungen. Wiese plante 2003 einen Bombenanschlag auf die Grundsteinlegung eines jüdischen Kulturzentrums in München und wurde wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Mittlerweile sind Wiese und weitere Mitglieder der damaligen Kameradschaft wieder fest in das Freie Netz Süd eingebunden.
Dass die ehemaligen NPD-Mitglieder und FNS-Aktivisten Weigl, Preisinger und Siener sich also nicht von Wiese und Hoffmann distanzieren spricht eine eindeutige Sprache.
Das sich die NPD versucht vom Freien Netz Süd abzugrenzen ist lediglich ein Versuch das Image der Partei wieder auf Vordermann zu bringen. Schließlich ist es das erklärte Ziel der bayerischen NPD, Wähler der CSU für sich zu gewinnen.
In der nächsten Zeit wird sich zeigen wie der bayerische Landesverband auf diese Entwicklung reagieren wird. Der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende und Münchner Stadtrat der NPD-Tarnliste „Bürgerinitative Ausläderstopp“ (BIA), Karl Richter, hat wenig Berührungsängste mit dem FNS und läuft auch auf deren Aufmärschen mit.
Fest steht: Das Freie Netz Süd ist ein Netzwerk, welches weder verharmlost noch ignoriert werden darf. Martin Wiese steht diese Woche wieder vor Gericht, weil er auf dem von dem NS-Verbrecher Julius Streicher gegründeten, „Frankentag“ bei seiner Rede Journalisten und Nazigegner mit dem Tode bedroht hat. Getragen hat er dabei ein T-Shirt mit der Aufdruck „Seine Idee unser Weg“, mit der Unterschrift Adolf Hitlers. Auch das spricht eine eindeutige Sprache.