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Weiterer Schlag gegen Neonazi-Szene

 

Die Behörden gehen auch im Netz stärker gegen die militante Szene vor.

Die rechtsextreme Szene gerät immer stärker unter Druck. Heute durchsuchten 270 Polizisten in elf Bundesländern insgesamt 24 Wohnungen und Geschäftsräume. Vier Verdächtige kamen wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Grund für die Razzia ist das größte rechtsextreme Internetforum Deutschlands namens Thiazi.

In dem Forum, das die Betreiber als “germanische Weltnetzgemeinschaft” bezeichnen, findet sich von Nazisymbolen, Rechtsrock bis zu Holocaustleugnung und Gewaltaufrufen alles, was die Szene begehrt. Mehr als eine Million Beiträge und mehrere Tausend angemeldete Nutzer hatte das Forum zuletzt. Von CD-Besprechungen und „Aktionsberichten“ von Aufmärschen bis hin zu NS-Literatur und Adressen von politischen Gegnern war alles frei auf der Seite zugänglich. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt gegen die mutmaßlichen Drahtzieher wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Nach Angaben des Bundeskriminalamts, ist die Nazi-Website bereits seit 2009 im Visier der Ermittler. Als Hauptbeschuldigte gelten ein 30-jähriger Erzieher aus Mecklenburg Vorpommern und eine 30-jährige Hausfrau und Mutter aus Baden-Württemberg. Zu den beiden anderen Festgenommenen machten die Ermittler keine Angaben. Es wurden zahlreiche Computer, Laptops, Datenträger sowie schriftliche Unterlagen sichergestellt.

Weitere Durchsuchungen fanden in Niedersachsen, Bayern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen statt. Zeitgleich wurde auch eine Wohnung in Großbritannien durchsucht.

Verdächtig sind insgesamt 26 Beschuldigte im Alter zwischen 22 bis 64 Jahren aus dem gesamten Bundesgebiet. Mindestens ein Beschuldigter ist Mitglied der NPD. Weitere Festnahmen seien derzeit nicht geplant, sagte eine BKA-Sprecherin. Trotz Dutzender Anzeigen, war die Polizei in den vergangenen Jahren nie gegen die Seite vorgegangen.

„Das Internet ist kein rechtsfreier Raum“, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke nach der länderübergreifenden Aktion. Mit den Razzien und Festnahmen richteten die Strafverfolgungsbehörden eine klare Botschaft an die Betreiber vergleichbarer Internetforen: „Wir machen deutlich, dass wir die Verbreitung von rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Gedankengut sowie die Verherrlichung des Nationalsozialismus konsequent verfolgen.“ In den vergangenen Wochen gab es in zahlreichen Bundesländern immer wieder Durchsuchungsaktionen gegen militante Neonazigruppierungen.

In der Szene fielen die Reaktionen auf die Thiazi-Razzia sehr unterschiedlich aus. Einige befürchten das Aus für die Seite und dass die Staatsanwaltschaft mithilfe der beschlagnahmten Rechner weitere Verfahren gegen Rechtsextremisten anstreben könnte. „Hoffentlich haben die Ermittlungsbehörden keinen Zugriff auf die Zugangsdaten bekommen“, sorgt sich ein Neonazi auf einer einschlägigen Website.

Andere Rechtsextremisten gehen davon aus, dass die Razzia keine größeren Konsequenzen haben wird, da der Server sicher im Ausland steht. „Da werden die sich sicherlich die Zähne dran ausbeissen“, schreibt eine User. „Ich gehe davon aus, dass Thiazi durch solche Aktionen nicht klein zu kriegen ist und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht.“ Bereits am Nachmittag war Thiazi jedoch nicht mehr zu erreichen – vorerst.