Der Staat New York führt ein neues Rollstuhl-Piktogramm ein. Wo vorher dieses weiße, starre Männchen auf Behindertenparkplatz-Schildern und auf barrierefreien Toiletten zu sehen war, geht es künftig, zumindest was die Beschilderung angeht, dynamischer zu. So sieht das neue Piktogramm aus:
Es zeigt einen Rollstuhlfahrer in einer nach vorne gelehnten Position, der oder die gerade dabei ist, seinen Rollstuhl anzuschieben. Die Räder sind durchbrochen, um die Bewegung zu symbolisieren.
Wenn ich ehrlich bin, fragte ich mich, als ich das Piktogramm das erste Mal sah, ob es jetzt schon ein Symbol für Paralympics-Athleten oder „Rollstuhlfahrer auf der Flucht“ gibt? Darin erinnerte mich die dynamische Haltung der Figur. Es sieht aus wie jemand, der ein Rollstuhlrennen fährt oder eben auf der Flucht ist.
Das alte Symbol fand ich allerdings nie sonderlich ansprechend. Wer kann sich schon mit einem stocksteifen Männchen in einem Rollstuhl identifizieren, dem irgendwie die Vorderräder abhanden gekommen sind und das seine Arme stocksteif nach vorne streckt?
Das New Yorker Symbol ist eine Entwicklung des Accessible Icon Projects, in dem sich behinderte Menschen mit Designern und anderen zusammengetan haben, um ein neues, dynamischeres Piktogramm zu entwickeln.
Dabei war der Gruppe vor allem wichtig, das Bild von Menschen mit Behinderungen als passive Menschen zu verändern. Deshalb bewegt der Rollstuhlfahrer im neuen Symbol seinen Rollstuhl auch selbst. Aber auch Kritik gibt es an diesem Piktogramm, nämlich dass es nur eine kleine Gruppe von behinderten Menschen widerspiegelt.
Das New Yorker Projekt ist nicht das einzige Projekt, das dem Piktogramm zu mehr Dynamik und einem zeitgemäßen Design verholfen hat. Auch bei dem im vergangenen Jahr eröffneten Campus der Wirtschaftsuniversität in Wien gibt es das passive Rollstuhlmännchen nicht mehr. Das Designstudio buero bauer entwickelte für den Campus ganz neue Piktogramme. Dabei entstand auch ein neues Rollstuhl-Piktogramm:
© Designstudio buero bauer
Aus dem alten, österreichischen Symbol wurde ein aktiver Rollstuhlfahrer im Anzug. Die Hand des Rollstuhlfahrers bewegt den Rollstuhl aktiv vorwärts, der angedeutete Sitz fiel weg und auch auf das Fußbrett wurde verzichtet. Stattdessen schaut die Person aktiv aus und der Anzug passt zur Umgebung einer Wirtschaftsuniversität.
Gefällt mir sehr gut, immerhin ist niemand auf der Flucht. Nur eines stört mich: Warum muss das ein Mann sein? Ich hoffe, an der Wirtschaftsuni in Wien gibt es auch rollstuhlfahrende Frauen, nicht nur Männer. Da gefällt mir die Geschlechtsneutralität des New Yorker Symbols besser.
Aber auch wenn beide Symbole vielleicht nicht perfekt sind, interessant ist, dass es offensichtlich in den USA und in Europa Designer und behinderte Menschen gibt, die sich mit den alten Bildern nicht mehr zufriedengeben wollen. Oder anders gesagt: Wenn sich das Bild von behinderten Menschen in der Gesellschaft wandelt – von passiven Hilfsempfängern hin zu aktiven Menschen – müssen sich dann nicht auch die Symbole ändern?