Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Danke, Tanke!

 

TankstelleHeute war ich tanken. Was für nicht behinderte Menschen eine Angelegenheit von fünf Minuten ist, ist für mich schon aufwendiger: Ich muss mein Auto so parken, dass ich mit Rollstuhl zwischen Zapfsäule und Auto passe, andererseits aber niemanden bei der Durchfahrt behindere. In Deutschland war das noch machbar, in Großbritannien sind die Tankstellen so eng gebaut, dass es manchmal gar nicht geht. Außerdem bedeutet tanken für mich, Rollstuhl ausladen, zusammenbauen und umsteigen, zur Kasse rollen, hoffen, dass ich in den Verkaufsraum passe (auch die sind hier manchmal sehr klein), mit der Tür kämpfen, zurück zum Auto, wieder umsteigen, Rollstuhl wieder auseinandernehmen, wieder ins Auto heben. Unter 15 Minuten ist das oft nicht zu machen.

Fernbedienungen und eine App

Seit ein paar Jahren gibt es für Rollstuhlfahrer und andere Menschen, die nicht so einfach aus ihrem Auto kommen, Fernbedienungen mit Rufknöpfen, deren Signal die Tankstellen darüber informiert, dass draußen jemand wartet, der Hilfe beim Tanken benötigt. Eigentlich eine super Idee. Meine Erfahrungen damit waren bislang sowohl in Deutschland als auch Großbritannien ziemlich durchwachsen, denn oft war entweder das Empfangsgerät ausgeschaltet oder kaputt oder aber es spielten sich im Kassenbereich Szenen mit hektischem Personal ab, das glaubte, es sei ein Alarm ausgelöst worden, sie wussten aber nicht welcher. Es reicht eben nicht, die Systeme zu installieren, man muss das Personal auch schulen, wie sie damit umzugehen haben. Außerdem waren die Fernbedienungen für die Fahrer recht teuer und auch die Tankstellen mussten tief in die Tasche greifen, um ein Empfangsgerät zu installieren. Auch die Variante „Hupen und Winken“ habe ich früher praktiziert, ebenfalls mit durchwachsenem Ergebnis. Am besten funktionierte noch, wenn ich andere Autofahrer um Hilfe bitten konnte, aber auch die erreicht man nicht immer oder es sind einfach keine da.

Unterdessen gibt es in Deutschland eine App, mit der man Hilfe an Tankstellen anfordern kann. Allerdings nicht per Knopfdruck, sondern man muss die Tankstellen vorher oder spätestens wenn man davor steht, anrufen. Die App listet die Tankstellen auf, die sich bereiterklärt haben, Rollstuhlfahrern und anderen behinderten Menschen zu helfen.

Neues System

Hier in Großbritannien hat man gerade ein neues System eingeführt, an dem sich unter anderem zwei große Supermarktketten beteiligen, die auch ein Tankstellennetz betreiben. Die große, klobige (und teure) Fernbedienung des alten Systems, das nie funktioniert hat, ist verschwunden. Ich habe jetzt einen kleinen Sender mit Knopf am Schlüsselbund. Ich kann sofort bei der Einfahrt in die Tankstelle sehen, ob das System eingeschaltet ist. War es bislang immer. Sobald ich den Knopf drücke, blinkt das Licht an der Wand und ich weiß, dass das Signal angekommen ist. Wenn der Kassierer im Kassenbereich meinen Hilfewunsch registriert hat, bestätigt er das per Knopfdruck und das Licht draußen schaltet sich auf grün. Dann weiß ich, dass gleich jemand kommen wird. Sehr angenehm finde ich, dass ich weiterhin mit Karte zahlen kann. Ich gebe dem Kassierer die Karte mit, er zieht sie durchs System und ich unterschreibe, obwohl ich eigentlich eine PIN brauche, aber in diesen Fällen akzeptieren die Tankstellen eine Unterschrift.

Ich habe den Sender jetzt seit gut einem Jahr. Im Gegensatz zum alten System hat es immer funktioniert. Vielleicht auch, weil es meine örtliche Tankstelle selber war, die mir den Sender geschenkt hat und ganz stolz auf das neue System ist. Die Anschaffung hat sich für meine Tankstelle nach einem Jahr allein mit meinem Benzinverbrauch und der neuen Kundenbindung schon gelohnt, vermute ich mal. Und ich weiß, dass ich nicht die einzige Rollstuhlfahrerin bin, die da tankt.