Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Was 2014 für behinderte Menschen gebracht hat

 

Kaum ein anderer Begriff war 2014 so in aller Munde wie das Wort „Inklusion“. Aber wie weit sind wir 2014 mit der Inklusion vorangekommen?

Bildung

Noch immer wird der Begriff „Inklusion“ in erster Linie dann benutzt, wenn es um den Bildungsbereich geht. Auch 2014 wurde mehr über schulische Inklusion diskutiert als über die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen.

Keine Frage, der schulische Bereich ist wichtig, denn er legt den Grundstein für die Bildung behinderter Kinder, die bislang stellenweise sehr zu Wünschen übrig ließ.

Wissenschaftler zweier seriöser Studien kamen zu dem Schluss, dass Kinder mit Förderbedarf mehr und besser lernen, wenn sie mit nichtbehinderten Kindern gemeinsam unterrichtet werden. Eine Erkenntnis, die 2014 für viel Aufmerksamkeit sorgte. Zudem gibt es mit der UN-Behindertenrechtskonvention einen Anspruch auf inklusive Beschulung.

Politik

Politisch gab es schon zu Beginn des Jahres eine Überraschung. Die Bundesregierung ernannte Verena Bentele zu ihrer Behindertenbeauftragten. Hubert Hüppe musste den Hut nehmen. Bentele ist blind und ehemalige Paralympics-Sportlerin. Mit ihrer Ernennung kam die Bundesregierung der Jahrzehnte alten Forderung behinderter Menschen und deren Verbände nach, endlich eine Person mit Behinderung selbst in dieses Amt zu hieven. Insofern war es ein lange erwarteter Meilenstein in der deutschen Behindertenpolitik.

Dennoch waren die meisten überrascht, denn Verena Bentele ist weder in der politischen Behindertenbewegung sonderlich verwurzelt noch brachte sie ein großes politisches Profil mit. Bentele kam, setzte sich in viele Talkshows, erzählte viel vom Sport und über ihr Buch, nur über ihr Amt und wie sie es ausfüllen möchte erzählte sie 2014 viel zu wenig. Aber immerhin unterstützt sie die Forderung nach einem Teilhabegesetz, das behinderten Menschen ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen soll.

Recht

Inklusion und die Teilhabe von behinderten Menschen hängt nicht zuletzt von rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Am 30. Juni 1994 beschloss der Deutsche Bundestag den Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ in Artikel 3 des Grundgesetzes aufzunehmen. Für viele, die damals am politischen Prozess beteiligt waren, war 2014 ein Grund, das Jubiläum zu feiern. Es war aber auch ein guter Anlass, um der Forderung Nachdruck zu verleihen, dass endlich jetzt ein gutes Bundesteilhabegesetz folgen muss.

Dass rechtliche Rahmenbedingungen sogar das nächste Lebensumfeld betreffen können, machte in diesem Jahr ein Urteil eines Gerichts in Bonn deutlich. Die Mutter einer behinderten Tochter wurde im März verurteilt, ihre Tochter ruhig zu stellen. Nachbarn hatten sich über die Schreie und Klopfen beschwert und sind vor Gericht gezogen. Wenn die Mutter ihre Tochter nicht zur Ruhe bringt, drohen ihr Ordnungsgeld oder Ordnungshaft. Wie genau sie das machen soll, ließ das Gericht offen.

Und sonst so?

Wer erinnert sich nicht an den Ice Bucket Challenge? Er sollte für die Krankheit ALS Aufmerksamkeit sorgen und Spendengelder eintreiben. Das Geld sammeln hat wohl gut geklappt. Bei Ersterem habe ich so meine Zweifel. Nicht repräsentative Stichproben in meinem persönlichen Umfeld zum Jahresende haben ergeben, kaum einer kann sich erinnern, um was es eigentlich noch einmal genau ging.

Und erst heute morgen las ich auf Twitter von einer Frau, die sich bei ihrer Bank beschwerte, weil diese sich weigerte mit der Frau zu telefonieren, da sie aufgrund von ALS einen Sprachcomputer nutzt.

Ich bleibe dabei, Wasser über den Kopf kippen ist lustig, spenden ist gut, aber am Ende kommt es darauf an, wie man mit den Menschen im Alltag umgeht. Da habe ich weiterhin so meine Zweifel, ob der Ice Bucket Challenge ein großer Erfolg war.

In diesem Sinne wünsche ich mir, dass 2015, was die Inklusion und Teilhabe behinderter Menschen angeht, etwas größere Schritte folgen als 2014.

Meinen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen guten Rutsch ins neue Jahr und alles Gute für 2015!