Ich bin eigentlich eine ewige Optimistin. Aber was das geplante Teilhabegesetz angeht, verlässt mich mein Optimismus gerade. Zur Erinnerung: Mit dem Teilhabegesetz könnten behinderte Menschen und ihre Angehörigen finanziell entlastet werden. Außerdem soll das Gesetz die Assistenz behinderter Menschen endlich von der Sozialhilfe lösen.
Sparen lohnt sich nicht
Assistenzleistungen sind in Deutschland an die Sozialhilfe gekoppelt und die wiederum ist eine einkommensabhängige Leistung. Auch Sparen dürfen Menschen mit Behinderungen, die auf Assistenz angewiesen sind, nicht, denn bei 2.600 Euro ist Schluss. Auch dann hält das Sozialamt wieder die Hand auf. Das bedeutet für diese Gruppe von Menschen, dass sie auch nicht fürs Alter vorsorgen, auf ein Auto sparen oder sich ein Haus kaufen können. Und es kommt noch schlimmer: Sind behinderte Assistenznehmer in einer Partnerschaft, wird auch das Einkommen des Partners bei der Berechnung einbezogen.
Das alles sollte eigentlich mit dem neuen Teilhabegesetz geändert werden, wenn es nach dem Willen der Behindertenverbände und anderer Interessenvertreter geht. Doch je länger das Warten auf das Gesetz dauert, desto mehr schwindet meine Hoffnung, dass sich diese Forderung erfüllen wird.
Fast 300.000 Unterschriften
Trotz der erfolgreichen Petition, die fast 300.000 Menschen unterzeichnet haben, gibt es von Seiten der Politik derzeit keine eindeutigen Signale, dass die Spargrenze von 2.600 Euro aufgehoben wird und Menschen mit Behinderungen einen angemessenen Teil ihres Einkommens behalten dürfen, auch wenn sie auf Assistenz angewiesen sind.
Der Sprecherrat des Deutschen Behindertenrates war vor ein paar Tagen bei Angela Merkel zu Gast und betonte noch einmal die Notwendigkeit der Einkommens- und Vermögensunabhängigkeit. Die Kanzlerin vertröstete die Vertreter aber auf eine Anhebung der Freigrenzen. Man könnte dann also etwas mehr ansparen als 2.600 Euro.
Doch Nachteile durch eine Behinderung müssen ausgeglichen werden, das ist ein Menschenrecht. Dafür müssen behinderte Menschen über ihr Einkommen und Vermögen frei verfügen können, außerdem braucht es eine umfassende Barrierefreiheit.
Ist Teilhabe wirklich gewollt?
Wenn jetzt nach all dieser Medienöffentlichkeit und der erfolgreichen Petition immer noch nur über das Anheben von Freigrenzen debattiert wird, ist vor allem eines klar: Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft ist politisch nicht weit oben auf der Agenda. Zudem wurde nicht verstanden, was „weg von der Fürsorge“ wirklich bedeutet: Immer mehr behinderte Menschen können und wollen arbeiten. Aber man muss sie erstens lassen und zweitens macht das nur Sinn, wenn sie den Lohn, den sie verdienen, auch mit nach Hause tragen dürfen und sich davon auch etwas leisten können wie ein neues Auto oder einen Urlaub. So wie nicht behinderte Menschen eben auch.
Wer aber zum Monatsende sein Geld immer wieder abgeben muss, um seine Assistenz bezahlt zu bekommen, dem wird die gleiche Teilhabe wie nicht behinderten Menschen definitiv verwehrt. Das Gesetz könnte das ändern.