Wir befinden uns im Jahre 2014. Ganz Deutschland redet von Inklusion, von gleichberechtigter Teilhabe und Rechten von behinderten Menschen. Ganz Deutschland? Nein! In Cloppenburg findet man es offensichtlich immer noch in Ordnung, kleinwüchsige Menschen als Attraktion vorzuführen. Die örtliche Disko kündigte für den 6. Dezember „7 echte Liliputaner“ als Attraktion auf ihrer Party „Schneewittchen und die 7 Zwerge“ an.
Nun könnte man sich ohnehin darüber wundern, wieso die Veranstalter glaubten, mit Fabel- und Märchenfiguren und der Zurschaustellung von Menschen mit einer Körpergröße von unter 1,50 Meter mehr Besucher anzulocken. Aber vielleicht ist das ein ernstzunehmendes Signal dafür, dass die Inklusion doch nicht so weit ist, wie man das von einer zivilisierten Gesellschaft annehmen könnte – zumindest nicht in Cloppenburg.
Kleinwüchsigen-Verband empört
Der Protest ließ nicht lange auf sich warten. Immerhin ein Zeichen dafür, dass sich die Gesellschaft seit dem Buch Gullivers Reisen, aus dem der Begriff Liliputaner stammt, doch weiterentwickelt hat. Der Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien zeigte sich empört und verurteilte die Zurschaustellungen von kleinwüchsigen Menschen in der Diskothek: „Die online lesbare Veranstaltungsbeschreibung kündigt an, dass am 06.12.2014 „(…) 7 echte Liliputaner (…)“ auf der Party „Schneewittchen und die 7 Zwerge“ seien. Diese Darstellung ist verächtlich, ablehnend und stellt den kleinwüchsigen Menschen nicht als Mitglied unserer Gesellschaft dar. Vielmehr werden hier Menschen mit Fabelwesen aus dem Buch Gullivers Reisen gleichgestellt und zur reißerischen Akquise von Diskobesuchern missbraucht. Dies ist in jeder Hinsicht menschenverachtend. Menschen als Liliputaner zu bezeichnen, sie zur Belustigung zu missbrauchen und zum Gespött anderer zu machen, gehört untersagt. Wir sehen darin eine massive Missachtung der Menschenwürde.“
Das saß. Die Diskothek änderte ihre Veranstaltungsankündigung um. Aus den Liliputanern wurden Zwerge, womit die Veranstalter zweifelsohne bewiesen, dass sie rein gar nichts verstanden hatten. Als ob der Begriff Zwerge irgendwie besser als Liliputaner wäre. Menschen waren die kleinwüchsigen Darsteller damit ja immer noch nicht und zur Schau gestellt wurden sie dennoch. Und so verteilte sich die Veranstaltungsankündigung weiter im Internet. Allerdings nicht, weil alle unbedingt die „7 Zwerge von Cloppenburg“ sehen wollten, sondern weil man vereint die Hände über dem Kopf zusammenschlug.
Peinlich
Und irgendwie war der Diskothek das Ganze dann hinterher doch ein bisschen peinlich. Ja, die 174 Partyfotos hat man natürlich dennoch auf Facebook veröffentlicht, aber dort konnte man auch lesen, man habe die Schneewittchen-Party über eine Veranstaltungsagentur gebucht, die dort in deren Programm angeboten wurde.
Weiter heißt es: „Diese Veranstaltung/Party wird unter anderem mit kleinwüchsigen Menschen durchgeführt, welche auch ebenfalls im Text der Veranstaltung beworben wurden. Dies rief bei einigen Gästen und Besuchern Unverständnis und Empörung auf, dies war von uns nicht beabsichtigt. Wir entschuldigen uns hiermit offiziell bei denjenigen, denen dies missfallen hat. Wir wollten nie jemanden diskriminieren oder „zur Show“ stellen!“
Und die Moral von der Geschicht: Menschenunwürdige Darstellungen gehen auch in Diskotheken nicht. Denn offensichtlich haben sich auch Gäste über das Programm beschwert. Die Zeiten, in denen kleinwüchsige Menschen und Menschen, die einfach anders aussehen als der Durchschnitt, ausgestellt wurden, sind Gott sei Dank vorbei. Und wer jetzt sagt, die kleinwüchsigen Darsteller machen doch mit, sollte sich mal fragen, warum das so ist.