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Das Haupt wie Senkblei

 

Weinst du noch oder tanzt du schon? „An End Has A Start“ heißt das zweite Album der Editors. Darauf betten sie düstere Lyrik in diskotauglichen Rock.

Wie sieht wohl der Proberaum der Editors aus? Fast dunkel wird er sein, in einer Ecke stottert eine Neonröhre, Kälte ist an die Wände gefliest und wahrscheinlich regnet es rein. Ganz leicht. Tropf, Tropf. Anders ist die Gemütslage der vier jungen Musiker aus Birmingham kaum zu erklären.

Vor zwei Jahren war es, da erzählten sie aus dem Back Room – düstere Rockstücke, (sch)mollende Gitarren, Schicht für Schicht aufgetragen, ein Grummelbass, unruhiges Schlagzeug, und über all dem hallte der Bariton von Tom Smith, dass gar den ärgsten Frohnaturen das Haupt wie Senkblei wurde. Tod, Leben, sie liebt mich, sie liebt mich nicht, und alles von vorn.

Ihr neues Album beginnt dort, wo sich Leben und Sterben, Willkommen und Abschied treffen: vor dem Krankenhaus bei einer Zigarette. Uff. Smokers Outside The Hospital Doors heißt das erste Lied von An End Has A Start, zugleich die erste Single. Das Schlagzeug stapft los, ein Klavier setzt ein, eine zaghafte Ouvertüre bloß – und da ist er plötzlich wieder, dieser sterile Klang. Da fiept keine Rückkopplung, trieft kein brunftiges Rockgeschwitz. Die Musik ist simpel und schwarz lackiert. Sie ist klinisch rein. Wie ein Stationsflur.

Die Gitarren schrauben sich in klirrende Tonhöhen, der Bass bebt, ein Keyboard schleicht sich heran. Manchmal ist sogar Dur dabei. „Say goodbye to everyone you have ever known, you are not gonna see them ever again”, singt Tom Smith zu Beginn. Das ist natürlich Kitsch. Häufig wird es pathetisch: “Lift the weight of the world from my shoulders again”, heißt es in The Weight Of The World. Peinlich klingt es nie. Die Editors jammern nicht. Nüchtern tragen sie ihre Düsternis vor. Allenthalben durchaus diskotauglich, wie im Titelstück der Platte oder in Bones. Ein Offbeat-Schlagzeug treibt sie an, flott schwirren die Melodien. Weinst du noch oder tanzt du schon? In solchen Momenten weicht die dräuende Stimmung aus der Musik.

Doch es fällt schwer, die zehn Stücke nacheinander zu hören. Die Hälfte sind Balladen. Dann liegt ein schwerer Samtvorhang auf Tom Smiths Stimme, der kaum Licht durchlässt. Nur dann und wann mal ein kleiner Schimmer Hoffnung, höchstens purpurrot. Am Ende versinkt das Album in ewiger Finsternis. Well Worn Hand, dem Wehklagen eines Verlassenen. „I don’t want to go out on my own anymore / I cant face the night like I used to before / I’m so sorry for the things that they’ve done / I’m so sorry about what we’ve all become.” So entlassen sie den Hörer in den kommenden Sommer. Herrlich.

„An End Has A Start“ von den Editors ist als LP und CD erschienen bei PIAS/Rough Trade

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