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New York umarmt die Welt

 
The Dodos finden eine Balance zwischen Monotonie und Poplied, zwischen Rhythmus und Hymnus. Ihr neues Album „Visiter“ erinnert an das Animal Collective.

The Dodos Visiter

Eine gezupfte akustische Gitarre und ein Banjo umtanzen einander, der Sänger fügt in weichem Timbre eine hymnische Melodie hinzu. Dann haut jemand abrupt in die Saiten, und der Schlagzeuger spielt einen tribalistischen Rhythmus. Das Stück Walking zeigt exemplarisch, wie die Musik der Dodos klingt.

Früher waren The Dodos nur ein Dodo Bird, das Solo-Projekt des Liedermachers Meric Long. Doch schon bald wurde Long die Konzentration auf den einfachen Song mit den autobiografischen Themen zu eng. Also begann er, mit Wiederholungen zu arbeiten. Sein Gitarrenspiel wurde minimalistisch, im Hintergrund liefen Bandschlaufen. Long beschäftigte sich mit westafrikanischen Rhythmen. In dem ehemaligen Metal-Trommler Logan Kroeber fand er schließlich einen Partner, der sowohl brutale Attacken beherrscht wie auch filigrane Perkussionsfiguren.

Dem Reiz der hypnotischen Monotonie sind schon so einige verfallen. Auf ihrem neuen Album Visiter kombinieren The Dodos den Gleichklang mit dem Gespür für die Liedstruktur. Die Introspektion des Sängers kippt von einem Moment auf den nächsten in einen mitreißenden Groove. An anderen Stellen entwickelt sich aus energetischem Gitarrengeschrammel eine beschwingte Melodie. Das erinnert ein wenig an das Animal Collective.

Man kann sich gut vorstellen, wie Long und Kroeber im Konzert davongetragen werden von den monoton hämmernden Elementen ihrer Musik. In anderen Liedern dominieren delikat gezupfte, zirkuläre Gitarrenthemen. In Eyelids ist der Gesang weich und harmonisch, auf Winter klingt er sonor rezitierend, The Season endet mit indianischen Stammesgesängen. Doch Long vertraut nicht allein auf die Wandlungsfähigkeit seiner Stimme, um das Ich-Ich-Ich des Jungen mit der Gitarre hinter sich zu lassen: Es gibt auch einen weiblichen Gegenpart, gesungen von Laura Gibson.

Es ist deutlich spürbar, wie Long und Kroeber ihre Klangwelt ständig erweitern. Auf Jodi verfallen sie in eine psychedelisch rockende Instrumentierung. Das klingt, als wollten sie wenigstens einmal die musikalische Geschichte ihrer Heimatstadt San Francisco erwähnen. Sonst orientieren sie sich eher am New Yorker Minimalismus und addieren hin und wieder ein bisschen Blues und Country. Auf diesem Weg entwickeln The Dodos eine Musik, die die ganze Welt umarmt.

»Visiter« von The Dodos ist als CD und Doppel-LP bei Wichita/Cooperative erschienen.

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