Ein Jazzclub, auf der Bühne stehen jamaikanische Rastafaris in Nadelstreifen. Ihre Filzlocken sind pomadig gescheitelt. Der Bass spielt Reggae, die Bläser swingen, als kämen sie aus den zwanziger Jahren, prägnant und aufregend. Tony Allen und die Africa 70 betreten die Bühne und spendieren Afrobeat.
Später verlässt die Band den Club, die Menschen folgen ihr nach draußen, und die Party geht auf der Straße weiter. Die Marching Band zieht um die Blöcke. Wo sind wir eigentlich? In Kingston, New Orleans, Lagos oder New York? Und in welchem Jahr noch gleich? Musik kann einen ganz schön durcheinander bringen.
Die Rastafaris nennen sich Wareika Hill Sounds, ihr Debütalbum aus dem Jahr 2007 bringt Orte, Spielarten und Zeiten zusammen, ohne dass man ihm den Jetlag der Weltreise anmerkt. Der Kopf der Band ist der jamaikanische Posaunist Calvin „Bubbles“ Cameron. Zugegeben, die Posaune ist kein typisches Instrument des Reggae. Doch dies ist auch kein gewöhnliches Album. Die Bässe drücken, die Bläser schweben, eine Orgel flimmert, das Schlagwerk spielt tanzbar. Das sind doch bewährte Muster? Wie entsteht daraus derart Originelles?
Den Wareika Hill Sounds ist selbst das Mischpult ein Instrument. Ihre Aufnahmen sind räumlich, die Techniken des Dub verschieben die Wahrnehmung, verzerren die Wände. In diesem expressionistischen Klangbild weiß auch der Hörer bald nicht mehr, wo er sich befindet.
Nur wenn die Herren aus Wareika singen, dann wird es erschreckend simpel: „Jamaica is Reggae-Land. We play music and have fun.“ Das klingt nach alten Urlaubsfilmen von Karl Dall. Aber Schwamm drüber – sie singen ja kaum.
Das unbetitelte Debütalbum von Wareika Hill Sounds ist im Jahr 2007 auf CD und LP bei Honest Jon’s/Indigo erschienen.
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