Fat Freddy’s Drop aus Neuseeland läuten mit heißkaltem Reggaefunkdubsoul den Sommer ein. „Blackbird“ heißt das dritte Album des Kollektivs. Unser Autor wartet lieber aufs Konzert.
Im Leben ist es wie im Arbeiten ist es wie in der Musik ist es wie überall: Vergiftetes Lob zu kriegen ist schlimmer als gar keins. Und am gemeinsten ist vermutlich das zeugnisbewährte „Hat sich stets bemüht“, dicht gefolgt vom nachbarschaftlichen „Die war doch immer so hilfsbereit“, auf Rang drei dann das herrchenschaftliche „Der ist eigentlich ganz lieb“. Direkt vorm fußballerischen „An guten Tagen hält er den“ jedoch kommt dann schon das klangliche „Aber live sind die echt toll“.
Wer Letzteres sagt, entschuldigt damit also mäßige Studio- mit eindrücklicher Bühnenarbeit. Wem Letzteres vorgeworfen wird, der dürfte im Studio folglich nicht annähernd so gut sein wie vor Publikum. Über Fat Freddy’s Drop sagt man, sie hörten Letzteres öfter. Denn auf Tour, so darf man den Fans glauben, sind die sieben Neuseeländer eine Wucht und ihr energetischer Reggaefunkdubsoul so schweißtreibend wie versiert.
Kein Wunder, muss man nach der Hörprobe des neuen, mittlerweile dritten Albums Blackbird sagen: Live soll das bläserlastige Kollektiv um den charismatischen Sänger Dallas Tamaira alias Joe Dukie seine Stücke förmlich zu Coverversionen umwandeln, die nur noch entfernt an die Albumversionen erinnern. Denen allerdings tut eine Frischzellenkur meist wirklich gut.
Denn wie die Vorgänger Based On A True Story und Dr. Boondigga & The Big BW ist auch Blackbird nur ein Schatten seiner Unmittelbarkeit on stage. Der Titelsong plätschert zu Beginn ja noch gemächlich, aber durchaus beschwingt vor sich. Bei Russia im Anschluss mündet die lässige Gemütlichkeit allerdings bald in Langeweile, bis sich während Clean The House erste Sekundenschlafsymptome andeuten, die angesichts epischer Längen von bis zu zehn Minuten rasch zur veritablen Siesta anwachsen – mit dem karibisch sedierenden Soldier als perfektes Wiegenlied.
Nicht, dass das alles Mist wäre. Freunde sommerlich leichten Offbeats werden sich durchaus freuen. Nach dem rockigen Silver And Gold in der Mitte trauen sich Fat Freddy’s Drop zum Ende hin sogar ein paar echte Dissonanzen zu. In Never Moving weben sie einen dünnen House-Faden ein, der sich bei Mother Mother zu fast technoidem Flitter verbreitert, bis im abschließenden Bohannon endlich der versprochene Dub die Oberhand gewinnt. Über das, was dem Ganzen auf Platte gefällig Fluides gibt: Joe Dukies seltsam teilnahmslose Stimme. Ein subkutanes Hintergrundgeplätscher, das die guten Anlagen der Band Song für Song Richtung Reggaepop à la Third World hinabzieht. Ein sinnkarges Wortgeschiebe, von dem man sich ohne Anschauungsmaterial kaum vorstellen kann, dass es live so derart an Fahrt gewinnt. Andere wiederum nennen das cool.
27 Tourneen durch Australien und mehr als 400 Konzerte im fernen Europa sprechen eine eigene Sprache. Und weil die schiere Masse am Ende nicht so ganz falsch liegen wird, sei Neugierigen empfohlen: Besucht Fat Freddy’s Drop auf der Herbsttour durch Deutschland. Zum Abkühlen nach der Heimkehr eignet sich Blackbird dann perfekt.
„Blackbird“ von Fat Freddy’s Drop erscheint am 21. Juni bei The Drop. Bei ZEIT ONLINE können Sie das ganze Album schon eine Woche vorher im exklusiven Stream anhören.