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So viel Nastalgie war nie

 

Mitte der Neunziger hat Nas mit seinem Debüt Hip-Hop-Geschichte geschrieben. Jetzt bringt er sein zehntes Album heraus und beschwört die guten alten Zeiten.

© Universal Music

Das Albumcover zeigt Nas im cremefarbenen Anzug, mit protzigem Goldschmuck und einem halb vollen Glas Champagner in der Hand – so weit, so Klischee. Aber was macht das grüne Kleid auf seinem Schoß? Es gehört seiner Ex-Frau, der R’n’B-Sängerin Kelis. Sie hatte sich hochschwanger von ihm getrennt und die Robe in seinem Haus zurückgelassen. Wird der harte Bursche etwa sentimental?

Nas scheint trotz allem positiv gestimmt zu sein: Life Is Good heißt das zehnte Studioalbum des Rappers, der bereits mit seinem 1994er-Debüt Illmatic Hip-Hop-Geschichte geschrieben hat. „Some of you might know Kelis / This goes to her with love„, bekennt er im Eröffnungsstück. Ist das der Auftakt zu einem Versöhnungsalbum? Nostalgisch ist das Werk zweifellos, doch drehen sich die vierzehn Tracks weniger um die gescheiterte Ehe als um seine Jugend im Queens der späten Achtziger.

Bye Baby von Nasir Jones

Besonders Reach Out klingt stark nach goldenen Zeiten: Scratches, ein wunderbares Isaac-Hayes-Sample, Mary J. Blige übernimmt die Hookline. Anderswo rattern Züge über die Gleise von Manhattan, es fallen Namen wie Heavy D, Biggie Smalls und Slick Rick. Nas rappt über New York in der Sommerhitze und seine kriminelle Vergangenheit in Amerikas größter Sozialbausiedlung.

Es folgt eine orgellastige Soul-Nummer mit Frauenchor, Gitarre und einem fabelhaften Gastauftritt von Rick Ross. Textlich geht es jungen Gangstern an den Kragen, die beim Drive-by-Shooting aus Versehen den Falschen töten und dann damit prahlen.

Klanglich bleibt Nas, Sohn eines Jazzmusikers, meist auf der sicheren Seite. Überraschende Experimente sollte man nicht erwarten. Der 38-Jährige verlässt sich auf seinen konkurrenzlos guten Flow sowie auf die Beats und Instrumente seines Produzenten Salaam Remi.

Daughters von Nasir Jones

Das schwer groovende Daughters widmet Nas allen Vätern da draußen und vor allem seiner Tochter Destiny. Im rein elektronischen Summer On Smash geht es um die wichtigen Dinge im Leben eines Rappers: Marihuana, Luxusuhren, Frauen im Bikini, teurer Wodka und Zigarren – alles zusammen und auf einer Jacht natürlich. „Life is good„, rappt er. Schon klar. Nas, wie Nas sich sieht: ein Genie, dem die Frauen zu Füßen liegen und das die Männer beneiden. Mit dreißig Millionen auf dem Konto und dem Geschenk ewiger Jugend.

The Don von Nasir Jones

Die Zeitreise unterbricht er für einen Zwischenstopp in der schmutzigen Dancehall: „New York girl, dem a mad over we„, singt der Deejay im Intro zu The Don und der Hip-Hop-Pionier Red Alert ist auch dabei. Nas zitiert den Paten Michael Corleone und verspricht seinen Fans, so lange zu rappen, bis er Milliardär ist. Vom 6er-BMW aus den Anfangstagen über einen Bentley ist er heute zumindest bei Rolls-Royce angelangt. Das nennt man wohl American Dream.

Später stehen dann doch noch mal die Frauen im Mittelpunkt. Im grandiosen Cherry Wine stiehlt ihm Amy Winehouse die Show, mit dem Weinglas in der Hand die große Liebe suchend. Mit Bye Baby wendet sich Nas schließlich direkt an seine Ex-Frau Kelis: „I thought no one could stop us, matching gold watches„. Trotz reichlich Bling-Bling ein entwaffnend ehrliches Stück. „Let’s take it back some years, rewind it to the happy years„, heißt es darin. So viel Nastalgie war nie.

„Life Is Good“ von Nas ist erschienen bei Universal.