Es müssen ja nicht immer Afroperücke und Glitzerschlaghose sein. Funk ist eine Haltung, auch am Rhein. Nach ihrem gelobten Debüt veröffentlichen die PTTRNS nun ein sehr gelungenes zweites Album.
Funk is dead, is alive, is back, is gone, is unablässig irgendwo inbetween, aber einfach nicht unterzukriegen. Was teilweise daran liegen könnte, dass selbst Eingeweihte nicht in der Lage wären, Funk abschließend zu definieren, daran auch, dass sich wirklich jeder noch so abseitige Stil irgendwann mal an ihn ranwanzt (schon mal „Punk-Funk“ gegoogelt? Ergibt 654.000 Treffer!).
Mehr aber noch liegt es vermutlich daran, dass er eine Art frei schwingende Quintessenz dessen ist, was man gemeinhin Disco nennt – ausgezogen aus dem Viertel für Soul und R’n’B, eingezogen in eine WG, in die sich bald Hip-Hop und House gesellten, heimisch geworden im Szeneviertel aller Tanzböden der Welt.
Überall Funk, selbst da, wo man schon ein bisschen genauer hinhören muss, um ihn zu entdecken. Bei den PTTRNS zum Beispiel, einer Band gewordenen Klangsyntax aus Köln, die analoge und digitale Instrumente so energetisch, so hitzig, so, pardon: hot miteinander verknüpft, dass man bei aller Technizität des Erscheinungsbildes im Hintergrund Horden von Bläsern vermutet und schwitzende Tänzer an der Bühnenkante. Dinge, die Benjamin Riedl, Daniel Mertens, Patrick Hohlweck und ihr neuer Multipercussionist Hendrik Frese allerdings nicht mal künstlich ins Werk sampeln. Womit wir beim Geheimnis der PTTRNS, sprich Patterns, also Muster, wären.
Denn das Wesen des Funks bilden ja weniger die notorischen Bläser-Sections oder die nostalgischen Leuchtkannen überm blinkenden Dancefloor, auf dem ekstatische Afroamerikaner in bizarren Glitzerschlaghosen hopsen, geschweige denn das zwanghafte Beharren auf der Eins als Viervierteltaktbasis. Es ist vielmehr eine fast körperliche Instrumentierung: Rhythmus, Strophenlänge und Metrik addieren sich eben nicht zu einem Gesamtbild der Töne, sondern dringen ziemlich unmittelbar in den Bauch und schwirren darin wild umher. Funk ist so gesehen gar kein Musikstil, sondern ein Musikgewühl, wenngleich eines mit Struktur.
Wie famos, vor allem fein das Durcheinander des Funk gegliedert sein kann, zeigt sich nun auf Body Pressure noch intensiver als auf dem viel gelobten Debütalbum Science Piñata vor drei Jahren. Und es zeigt sich mit jedem der acht teils episch langen Stücke ein bisschen mehr.
Pttrns – Dialed In
Lässt es Healing zu Beginn noch vergleichsweise elektropoppig, also halbfunky angehen, mausert sich Strongtalk dank seines stilisierten Pianos unter lässig eingestreuten Gitarrenfitzeln zu einer Art eurodancendem Prince im Saturday Night Fever. Betört das anschließende Resonate mit einer hypnotischen Teilübernahme von Laid Backs Bakerman, mischt der wunderbare Neofunk von Dice kurz darauf die Yeasayer in den hohen Gesangslagen mit Beige GT in den mittleren zu einer Art Ethnopop, der so furios ist, dass man im Sessel zu zappeln beginnt.
Ob das wirklich Funk ist? Keine Ahnung. Aber es fühlt sich so an. Und es fühlt sich gut an.
„Body Pressure“ von PTTRNS ist erschienen bei Altin Village & Mine.