Zoot Woman waren die Vorreiter des Electroclash. In ihrem vierten Album Star Climbing clasht gar nichts mehr. So what!?
Wer das Wort „Zusammenprall“ im Label trägt, sollte es eigentlich tüchtig krachen lassen. Zumindest war das vor gut zehn Jahren der Fall, als monoton mäandernder Synth Pop auf harten Rock stieß und sich fortan Electroclash nannte.
Nicht ganz unerheblich für diese Entwicklung war seinerzeit eine Band namens Zoot Woman. Ihr Debütalbum Living In A Magazine hat das Genre 2001 je nach Lesart entweder befeuert, womöglich gar begründet. Schließlich rasselten da plötzlich Gitarren und Gesänge unter die Synthesizer, wie es sie zuletzt im frühen Rave der späten Achtziger gegeben hatte.
Hurra – im jungen Jahrzehnt war bereits ein frischer Stil geboren! Und eine Hypothek. Denn seither musste sich das britische Quartett um sein Mastermind Stuart Price stets am bewegenden Anfang messen lassen. Das ging ein zweites Album lang ganz gut, das dritte dann schon nicht mehr so richtig. Jetzt erscheint mit Star Climbing Nummer vier und hier clasht dann eigentlich gar nichts mehr.
Stattdessen ergehen sich die elf Stücke in einer elektronischen Geschmeidigkeit, in die herzlich wenig hineinstößt, schon gar keine Gitarren. Star Climbing ist so rockig wie ein Abend mit Jean Michel Jarre. Das kann man bedauern, man kann es aber auch hinnehmen und einem warmen Sommerregen gleich an sich vorüberrauschen lassen.
Bis das Album mit der passend betitelten Rock’n’Roll Symphony zur Plattenmitte hin tatsächlich etwas Fahrt aufnimmt, sind bereits vier Tracks durchs Innenohr geweht, als wäre es ein einziger. In The Stars Are Bright Richtung Finale wird es zwar kurz mal beinahe zackig. Danach aber erinnert nur der dauernde Dopplereffekt daran, dass Zoot Woman mal wilder mit den Elementen gespielt haben.
Und so gerät das D im Kürzel EDM eher zur Electronic Dream als Dance Music. Kein Schwung, keine Inspiration, kein Aufwühlen, geschweige denn Umwälzen, aber – so what?! Mit Johnn Blakes wachsweicher Schmusestimme über, unter, in allem, verfolgt das vierte Album in 13 Jahren eben keine Strategie gezielter Disharmonie; Zoot Woman liefern einfach den lässigen Soundtrack zur gepflegten Langeweile eines Spätsommersamstagnachmittags.
Da verkantet nichts, da fusioniert wenig, da wird einfach nur gediegen zur Entspannung animiert. Mit Jasmin O’Mearas nie versiegenden Orgelfetzen. Mit Adam Blakes Schlagzeug, das scheinbar inexistent doch immer wieder für unterschwellige Beschleunigung sorgt. Mit Johnny Blakes Gesang, der von nichts Tiefgründigeren singt als irgendwas mit „Closer“, das im Reim auf „Longer“ in drei, vier, fünffacher Wiederholung verhallt, bis man beim Zuhören auf herbstwiesenhafte Weise sediert ist.
Das lässt sich weit einfacher lieben als mögen – elegant bleibt Star Climbing dennoch, wohltuend und heilsam für gestresste Großstadtseelen. Und mal ehrlich: Electroclash ist ohnehin längst Geschichte. Bis das neue, große Mashup-Ding kommt. Vielleicht Doom-Metal-Easy-Listening. Das machen dann aber andere.
„Star Climbing“ von Zoot Woman ist erschienen bei Embassy One.