Der in New York geborene Altsaxofonist Steve Lehman gehört zu einer neuen Generation experimentierender Jazzmusiker. Er beklagt sich nicht über die fehlende staatliche Unterstützung seiner Kunst, sondern wirbt die Fördergelder ein. Während der Schlagzeuger seines Quintetts Tyshawn Sorey tagsüber in einem Instrumentengeschäft arbeitet, damit er sich abends von kommerziellen Erwägungen unbeeinflusst um den musikalischen Fortschritt kümmern kann, widmet sich Lehman ganz der Musik.
Unlängst erhielt er die finanzielle Unterstützung der Chamber Music America, um ein Stück für Oktett zu komponieren. Den Kern des Oktetts bildet Lehmans Quintett mit Tyshawn Sorey, dem Trompeter Jonathan Finlayson, dem Vibrafonisten Chris Dingman und dem Bassisten Drew Grass. Sorey und Finlayson spielten bereits mit Steve Coleman, Dingman schloss kürzlich sein Studium am Thelonious Monk Institute in Kalifornien ab. Lehman arbeitet seit fünf Jahren mit diesen Musikern zusammen, gemeinsam nahmen sie seine neue akustische CD On Meaning auf.
Sein Interesse gelte nicht nur dem Musizieren, berichtet Lehman. Er ist jetzt 29 Jahre alt, wiederholt lebte er für längere Zeit in Frankreich. Während seines letzten Aufenthalts studierte und unterrichtete er am Pariser Konservatorium. Daneben forschte er über die Arbeitsbedingungen der schwarzen Chicagoer Association For The Advancement Of Creative Musicians (AACM) im Paris der siebziger Jahre. Seit einem Jahr untersucht Lehman an der Columbia University interaktive Kompositionskonzepte. Seinem dortigen Mentor George Lewis widmete Lehman das Album On Meaning.
Er sei auf der Suche nach neuen Umgebungen für Improvisatoren, sagt Lehman, ihm sei die Integration von Komposition und Improvisation wichtig. Um neue Wege des Zusammenspiels aufzutun, verlasse er sich auf die individuellen Stärken der Musiker. Bei der Lektüre des Buchs Rationalizing Culture: IRCAM, Boulez, and the Institutionalization of the Musical Avant-Garde der Anthropologin Georgina Born sei ihm klar geworden, dass er an den technologischen und kompositorischen Fortschritt glaube, an neue Technologien, die dem Künstler neue Entwicklung ermöglichten.
Ihm und vielen seiner jungen Kollegen sei die Weiterentwicklung der Musik eine Lebensaufgabe. Sie seien auf der Suche nach persönlichen und einzigartigen Klangstrukturen, nach dem Unerhörten. Das subjektiv als neu Empfundene kommt selten mit einem Tusch daher, auch davon berichtet On Meaning.
„On Meaning“ von Steve Lehman ist bei Pi Recordings/Sunny Moon erschienen.
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