Der schwarze Trompeter Bill Dixon entlockt seinem Instrument stets unerhörte Klänge. Seinen neuen Aufnahmen mit dem Exploding Star Orchestra hört man an, dass er gar nicht anders kann.
Vor zwölf Jahren ging der Trompeter Bill Dixon in den Ruhestand, da war er 71 Jahre alt. Aufnahmen des kompromisslosen Musikers waren nur wenige erschienen, doch seine Klänge hatten viele Menschen beeinflusst. Dixon produzierte Klänge, gewaltige und unheimliche, quietschende, gurrende und gurgelnde, lange und laute. Wenn heute ein Trompeter seinem Instrument Geräusche entlockt, klingt Dixon fast immer durch. Man kann Axel Dörner fragen oder Rob Mazurek: Dixon habe Türen aufgestoßen in eine Welt, die man sogar im fortschrittsgläubigen Jazz nicht gekannt habe, darin stimmen sie überein.
Der Chicagoer Trompeter Rob Mazurek traf Dixon vor einiger Zeit. Was er hörte, verglich er mit Schwärmen heiliger weißer Vögel auf dem Flug in eine exzellente Ewigkeit. Es gelang ihm, Dixon zum Spiel mit seinem Exploding Star Orchestra zu bewegen. So erscheint nun eine neue Aufnahme des Pensionärs, Bill Dixon With Exploding Star Orchestra.
Die Trompete könne mehr, sagt Dixon, es habe sich nur noch nicht durchgesetzt. Ihr sei es egal, was man mit ihr anstelle, sie sei nur ein Stück Metall. Die Schreibmaschine kümmere es schließlich auch nicht, ob auf ihr religiöse Gedichte, erotische Romane oder politische Pamphlete getippt würden.
Im Jahr 1964 initiierte Dixon die Konzertreihe October Revolution in Jazz, einen musikalischen Selbstversuch der jungen New Yorker Avantgarde. Es ging um Selbstorganisation und Selbstbestimmung, um neue Kompositionsformen und Improvisationsbedingungen. Vier Autostunden nördlich der Stadt war er später knapp drei Jahrzehnte lang als Musiklehrer am College tätig. Anders als die meisten seiner frühen Kollegen wollte er seine Musik nicht kommerziell ausschlachten lassen. Wer keine Prinzipien habe, würde über den Tisch gezogen, sagt er.
Man hätte das Label Motown in den sechziger Jahren davon überzeugen sollen, die Platten der schwarzen Avantgarde zu veröffentlichen, sagt er rückblickend. Nur selten hat der Afroamerikaner Dixon eine Vorlesung oder einen Workshop in einem schwarzen College gegeben, schwarzes Publikum besucht seine Konzerte selten. Dass man sich selbst organisieren müsse, war die Parole vor 40 Jahren, erzählt er. Die jungen schwarzen Musiker hätten nicht richtig zugehört.
Dixon machte die Aufnahmen mit dem Exploding Star Orchestra, weil er spürte, dass die jungen Musiker aus Chicago brannten. In jeder Sekunde des Albums hört man, dass sie diese Musik machen müssen, dass es für sie nichts anderes gibt. Ein Künstler müsse immer das tun, was er gut könne, ansonsten würde er spüren, dass sein Leben sinnlos sei, sagt Dixon. Die wichtigsten Dinge in seinem Leben seien passiert, als er nichts hatte. Weder er noch seine Kollegen hätten Rücklagen oder Zukunftsaussichten gehabt. Sie hätten immer nur das getan, was sie tun wollten. Bill Dixon With Exploding Star Orchestra klingt wie die Fortentwicklung dieser Geisteshaltung.
Das unbetitelte Album von Bill Dixon With Exploding Star Orchestra ist bei Thrill Jockey erschienen.
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