Es war die letzte Vorwahl der US-Republikaner, und Mitt Romneys Sieg in Utah im Grunde eine Selbstverständlichkeit: Wie er bekennt sich dort die Mehrheit zum mormonischen Glauben, als Cheforganisator der Olympischen Winterspiele ist er in guter Erinnerung, die Nominierung als Präsidentschaftskandidat hatte er längst in der Tasche. Gut 93 Prozent der Stimmen erhielt Romney – sein bestes Ergebnis während dieses scheinbar endlosen, teuren und hässlichen Wettstreits. Erst Ende Mai hatte er endgültig genug Delegiertenstimmen auf seinem Konto, um auf dem Parteitag der Republikaner als Herausforderer gegen Amtsinhaber Barack Obama gewählt zu werden.
Was also bleibt hängen nach den Vorwahlen? Zuallererst ist es wirklich die Länge. Während sich die Bewerber in den Vorwahldebatten gegenseitig zerfleischten, stöhnten zunächst die Journalisten über die zunehmend zähe Prozedur. In der Grand Old Party stimmten am Ende viele in das Gejammer ein, aber wohl eher weil das Feld der möglichen Kandidaten in ihren Augen so schwach war und sie sich auch mit dem Favoriten Romney nicht so recht anfreunden konnten.
Das verlängerte Verfahren war allerdings auch beabsichtigt: Im August 2010 hatten die Republikaner neue Regeln angenommen, die vorsahen, dass nicht mehr ausschließlich der Gewinner einer Vorwahl alle Delegiertenstimmen eines Staates bekommt. Bei allen Entscheidungen vor April werden die Stimmen nun proportional nach dem Abschneiden verteilt.
Von den Gegnern nach rechts getrieben
Romney brauchte aber auch aus inhaltlichen Gründen viel Zeit, um das Rennen für sich zu entscheiden. Vor allem die konservative Parteibasis, die für die Nominierung des Kandidaten eine entscheidende Rolle spielt, stand ihm lange Zeit skeptisch gegenüber. Ihr galt er als viel zu moderat und sprunghaft in seinen Aussagen zu stark ideologisch besetzten Themen wie gleichgeschlechtlicher Ehe, Abtreibung, Verhütung oder Waffenbesitz. Von seinen Widersachern ließ sich der 65-Jährige deshalb während der Vorwahlen oftmals deutlich nach rechts treiben.
Seinem Ansehen hat das eine Weile lang sehr geschadet, und in der Auseinandersetzung mit Obama kann ihm das noch Probleme bereiten. Die Wahl wird schließlich von der Mitte der Gesellschaft entschieden.
Die harten gegenseitigen Attacken der Bewerber um die Kandidatur zeigten einmal mehr die Zerrissenheit der Grand Old Party in vielen Politikbereichen auf. Damit kämpfen die Republikaner nicht erst seit gestern, der Erfolg der rechten Tea-Party-Bewegung ist nur das augenfälligste und jüngste Symptom dafür. Doch inzwischen scheinen die Flügel hinter Romney vereint. Die Ängste, die Partei könne an der erbitterten Auseinandersetzung zerbrechen, sind zumindest vorerst vergessen.
Der Traumkandidat der Konservativen mag Romney noch immer nicht sein, aber sie stehen zu ihm, weil er gute Chancen hat, Obama im Weißen Haus abzulösen. Und der moderate Mainstream der Partei ist endlich die zermürbenden Moraldebatten los, die das Potenzial hatten, ebendiese Chancen deutlich zu schmälern.
Wirtschaft ist Romneys starkes Thema
Folgerichtig ist es daher, wenn Romney seinen Wahlkampf gegen Obama ganz auf das Thema Wirtschaft konzentrieren will. Auf diesem Feld ist der Amtsinhaber weiterhin in größter Gefahr, Sympathien an den Herausforderer zu verlieren: Quer durch alle Wählergruppen sind für die Mehrzahl der Amerikaner die hohe Arbeitslosigkeit und die Staatsverschuldung die drängendsten Probleme.
Romneys Ruf, als Finanzinvestor vor allem mit Outsourcing und Jobabbau Millionen verdient zu haben, bereitet ihm zwar Schwierigkeiten – eine offene Flanke für Angriffe aus dem Obama-Lager. Doch viele Wähler trauen dem Ex-Manager wesentlich eher zu, in Zeiten der kriselnden Wirtschaft der richtige Mann zu sein, um das Land wieder zu alter Stärke zu führen.
Republikaner uneins über Einwanderungspolitik
Obama weiß auf der anderen Seite um die tiefen Gräben innerhalb der republikanischen Partei. Dass er zuletzt mit dem Abschiebestopp für junge Immigranten die Einwanderungspolitik zum Wahlkampfthema gemacht hat, lässt sich so nicht nur als Ablenkung von schlechten Wirtschaftsdaten erklären. Denn gerade auf diesem Gebiet gehen die Überzeugungen der Republikaner seit Jahrzehnten weit auseinander. Da gibt es den Teil, der insbesondere mit ökonomischen Argumenten für eher liberale Regelungen plädiert und die wachsende Bedeutung der Einwanderer als Wählergruppe betont. Und da gibt es die Konservativen, die ein härteres Vorgehen gegen illegale Immigration und sogar insgesamt weniger Einwanderung befürworten.
Deutlich geworden ist dies durch die Schwierigkeiten, die Romney offenbar hat, Obamas Einwanderungspolitik konkrete eigene Vorschläge entgegenzusetzen oder auch nur die Entscheidung des Supreme Court substanziell zu kommentieren, der das scharfe Einwanderungsrecht des Staates Arizona weitgehend einkassiert hat. Ihm dürfte klar sein, dass er dabei nur verlieren kann.
Ob Obamas Strategie indes aufgeht, ist fraglich. Genau die wichtige Wählergruppe, die er mit seinem Vorstoß umwirbt, setzt nämlich andere Prioritäten: Laut einer aktuellen Umfrage sind der Latino-Community die hohe Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft ganz allgemein, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich im Besonderen und auch die Krankenversicherung noch wichtiger als die Einwanderung.