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Zwei Historiker bitten um Hilfe

Wir sind zwei Historiker aus Hannover und Potsdam und forschen auf dem Gebiet der deutschen Filmberichterstattung während des Zweiten Weltkriegs. Zwischen 1939 und 1945 nahmen die Kameramänner der sogenannten Propagandakompanien an den Fronten das Material auf, das durch die Deutsche Wochenschau GmbH in Berlin zu den ikonischen Kriegswochenschauen verarbeitet wurde. Viele der bis heute bekanntesten Bilder des Zweiten Weltkriegs stammen von diesen Kameramännern, über deren Biografien meist wenig bekannt ist. Das Rohmaterial ihrer Aufnahmen muss zum überwiegenden Teil als im Krieg verloren gelten. Auch archivalische Schriftquellen sind lückenhaft und weit zersplittert. Wir suchen daher nach privatenÜberlieferungen von Film-, aber auch Bildberichtern der Propagandakompanien, von Mitgliedern der Filmstellen von Partei und Wehrmacht sowie von Mitarbeitern der deutschen Wochenschau. Zeitzeugen, Angehörige und sonstige Privatpersonen, die über Nachlässe, Schriftwechsel, Fotografien, biografische Materialien
oder Ähnliches verfügen und uns gestatten würden, Einsicht zu nehmen, möchten wir bitten, uns unter einer der folgenden Adressen zu kontaktieren:
Dirk Alt, Märchenweg 26, 30938 Burgwedel,
DirkAlt@gmx.de
oder
Alexander Zöller, Zeppelinstraße 62, 14471 Potsdam,
alexander.zoeller@fh-potsdam.de.
Dirk Alt, Burgwedel

 

Wiedergefunden, mehrmals


Dieses Schlüsseletui hat mir meine Frau vor 15 Jahren geschenkt, und deshalb ist es mir besonders wertvoll. Trotzdem ging es im Lauf der Jahre dreimal verloren, tauchte aber stets recht spektakulär wieder auf. Beim ersten Mal geschah es, als ich Säcke mit Plastikmüll für den Abtransport bereitlegte. Plötzlich war das Etui unauffindbar. Nach ein paar Tagen sah ich am Zaun auf der anderen Straßenseite einen Zettel: »Schlüsseletui gefunden«. Es war mir in den Haufen der Müllsäcke gefallen. Beim zweiten Mal wusste ich noch gar nicht, dass ich es eigentlich verloren hatte, als meine Frau nach zehn Kilometern Radfahrt beim Bäcker auf das Etui zeigte – ich hatte es auf den Sitz meines Liegerades gelegt und war darauf die ganze Strecke gefahren. Beim dritten Mal war es vor drei Wochen auf unserer Hausstrecke auf unerklärliche Weise aus einer ans Rad gehängten Leinentasche verschwunden. Vergeblich fuhren wir die Route noch einmal ab, doch eine Frau, die – wie sie sagt – eigentlich nie Kleinanzeigen liest, entdeckte die, die ich in meiner Verzweiflung aufgab, und rief mich eine Woche später an: Ihre Kinder hatten das Etui gefunden. Vielleicht sollte ich mir, um mein Glück nicht über Gebühr zu strapazieren, ein Schlüsselband anschaffen und es nur in Ausnahmefällen ablegen.

Reinhard Scholz, Flintbek

 

Wiedergefunden: Der Rastplatz


Beinahe wären mein Mann und ich vorbeigelaufen an diesem Picknicktisch, der aussieht, als stamme er aus einer verwunschenen Zeit. Hier, im Michelsberger Wald bei Bamberg, hatten wir auf einer unserer ersten gemeinsamen Wanderungen 1963 Rast gemacht. Wie man sieht, haben Tisch und Bänke inzwischen reichlich Moos angesetzt. Ob es hilft, das Moos-Ansetzen bei uns selbst zu vermeiden, wenn wir diese langen Spaziergänge in und um die Weltkulturerbestadt Bamberg unternehmen?

Renate Steinhorst, Bamberg

 

Was mein Leben reicher macht

Es ist still im Haus, viel zu still – wie jeden Tag. Da klopft und klingelt es. Das Nachbarskind fragt, ob wir gemeinsam Apfeltee kochen können. Die Schwere fällt ab, der Wasserkocher zischt, Tassen klappern, und bald duftet der Tee. Wir trinken, singen wilde Lieder und lachen.

Martha Böttger, Witzwort, Nordfriesland

 

Was mein Leben reicher macht

Die Erinnerung an unseren Sommerurlaub auf der Ile de Ré, an der französichen Atlantikküste: Wir haben Fahrräder gemietet und radeln durch Weinfelder zum Strand. Unser dreieinhalb-jähriger Sohn sitzt auf dem Kindersitz hinter mir. Er streicht mit sanft über den Rücken. Dann greift er nach den Bändern meines Sommerkleides, hält sich daran fest und ruft : „Hüh, Pferdchen, hüh!“ … ich galoppiere, nein, ich FLIEGE !

Ulrike Ristau-Hutter, Clermont-Ferrand , Frankreich

 

Kritzelei der Woche

Beigefügte Kritzelei entstand während eines Skype-Telefonats mit unserer Tochter Pauline, die im Rahmen ihres Masterstudiums in Tunesien an einem Biologie-Forschungsprojekt teilgenommen hat und währenddessen plante, für ein Auslandssemester nach Norwegen zu gehen. Ursprünglich stand auf dem Zettel nur die Notiz, dass wir Flugverbindungen nach Trondheim recherchieren wollten. Die Köpfe um die Notiz herum entstanden dann peu à peu, während Pauline uns von ihrem Alltag mit der Arbeit in der Wüste, den Riesenkakerlaken in Küche und Bad und den Kontakten zur einheimischen Bevölkerung etwa beim Baguettekauf in der Bäckerei berichtete. Fröhliches Gespräch – fröhliche Gesichter in der Kritzelei, denn nun waren auch die letzten elterlichen Sorgen weggewischt, es wäre womöglich zu risikoreich gewesen, angesichts der jüngsten politischen Entwicklung in Tunesien für mehrere Wochen dorthin zu reisen.

Christian Scharf, Romrod

 

Lieber Hamburger Porschefahrer,

an einem Samstagnachmittag vor gar nicht allzu langer Zeit wollte ich mir eigentlich nur ein Eis gönnen. Auf dem Parkplatz vor einer Lidl-Filiale im Hamburger Stadtteil Hoheluft versuchte ich verzweifelt, die letzten Papierstückchen von meinem Eis zu entfernen und in den Mülleimer zu befördern. Plötzlich neben mir ihre Stimme: „Darf ich mal?“ Ich gebe den Weg zum Mülleimer frei, um zu sehen, wie sie sich einer Autoölflasche entledigen. Auf mein „Das werden Sie nicht tun, das ist strikt verboten.“, spüre ich ihr angstvolles  Zusammenzucken. Sie ringen um Fassung, bekommen ihre Arroganz aber sogleich zurück – und entfernen sich. Ich koche vor Wut! Jeder Schuljunge weiß, dass es an den Tankstellen extra Mülleimer für die Ölflaschen gibt! Als sie ihr Fahrzeug erreichen, sehe ich, dass alle Klischees erfüllt sind: Porsche, weiß, Blondine auf dem Beifahrersitz, Hamburger Kennzeichen.
Ich hatte an dem Tag schon eine gute  Tat vollbracht, krame aber nach der Öldose und bringe sie zur nächsten Tankstelle.

Rainer Raeder, Hamburg

 

Das Nilpferd

Die Stadtbücherei hat eine einladende Kinderbuchabteilung mit Sesseln, Kissen und Spielzeug. Ein Vater hält sich dort mit seiner etwa zweijährigen Tochter auf, sie spielt mit Stofftieren. Ich sitze mit meinem Sohn einige Meter entfernt. »Papa, Nilpferd!« Die Kleine strahlt und schleppt ein großes, grünes Stoffnilpferd zu
ihrem Vater. »Nein, das ist ein Krokodil!« Der Ton ist überraschend streng. Das Kind stutzt, beharrt jedoch auf »Nilpferd«. Ich werde aufmerksam. »Das ist ein Krokodil! «, behauptet der Vater mit Nachdruck, aber ohne Humor. Das Tier ist grün, mag sein, doch ohne Zweifel ist es ein Nilpferd: plumper Körper, kurze, stämmige Beine, breites Maul, dünner Schwanz. Ein Nilpferd, aber grün. Macht ja nichts: Der kleine blaue Elefant ist ja auch ein Elefant. Stofftiere dürfen das. Das weiß auch das Kind. Der Vater weiß es nicht und setzt an, das fragend schauende Mädchen mit seinem stärksten Argument zu überzeugen: »Ich habe schon mehr Tierfilme gesehen als du, und ich weiß, wie ein Krokodil aussieht. Das ist ein Krokodil.« Er legt das Nilpferd zur Seite, nimmt seine Tochter bei der Hand, und sie gehen. Ich blicke ihnen nach. Ach, kleines Mädchen, ich wünsche dir Mut zum Widerspruch, ein Leben lang!

Friederike Schwencke, Braunschweig

 

Erinnern und VergEssen

(nach Bertolt Brecht, »Erinnerung an die Marie A.«)

Es war im Mai bei einem Bienenhause
Dass ich die kleinen weißen Sprossen sah
Sie warn so bleich und gleichsam todumfangen
Als ich sie aufaß, war ich nicht mehr da.

Es gibt davon noch ungeheuer viele,
Denn auch die Bienen schwärmen hin und her
Die Sprossen sprießen blass und krumm und
traurig,
Dass man sie aufisst, ohn’ zu wissen mehr.

Wo ich sie aß, das kann ich nicht mehr sagen
Doch wie sie schmeckten, weiß ich vom
Verzehr
Sie schmeckten weiß, morbid und
melancholisch
Sie schmeckten einfach wie von unten her.

Christa Herterich, Köln

 

Straßenbild

Ein herzförmiger Zettel hinter dem Scheibenwischer eines schönen alten R4 in Köln-Ehrenfeld fiel mir ins Auge. Eine Liebesbotschaft? Kitsch? Meine Neugier ließ sich nicht mehr zügeln. Ich ging hin, las, stutzte, las noch einmal – und schoss
die beiden Handyfotos. Wäre ich der Besitzer, ich würde mein Auto zu keinem noch so guten Preis an diesen »Interessenten« verkaufen. Und ich dachte, man wüsste überall auf der Welt, wie ein Käfer aussieht …

Klaus Gieraths, Köln