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Deliziös: Mein Wort-Schatz

Beim Probieren selbst gemachter Marme­lade, des Geschenks einer netten Nach­barin, fiel mir das Wort deliziös ein. Klingt etwas abgehoben, ist schon lange, lange nicht mehr im Sprachgebrauch, aber allemal besser als »lecker«.

Monika Christiane Nimz, Gartz/Oder

 

Was mein Leben reicher macht

Ich bringe meinen Enkelsohn Magnus, vier Jahre, zu Bett. Zwischen Gutenachtgeschichte und Beten muss ich fragen: »Was war heute das Schönste?« Er antwortet: »Omi, es fängt mit A an!« Ich kann es nicht erraten. Da sagt er: »Alles, Omi, alles!« Und nimmt meinen Kopf in seine Hände und küsst mich auf die Stirn und auf den Mund. Was will ich mehr?

Gloria Ziller, Dresden

 

Zeitsprung: In Shanghai

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Das obere Bild zeigt meinen Großvater Oskar im September 1934 vor seinem Wohnhaus im französischen Viertel von Shanghai. Es muss heiß gewesen sein an diesem Tag. Seit 1906 lebte mein Großvater als Kaufmann in China, verließ Shanghai 1937 nach dem japanischen Einmarsch für immer, träumte aber bis zu seinem Tod im Jahr 1947 weiter von einer Rückkehr. Im vergangenen Jahr habe ich Shanghai besucht und mich – achtzig Jahre nach meinem Großvater – vor dem Haus fotografieren lassen. Und so gewaltig die Veränderungen in Stadt und Land auch sind: Das Haus im Art-déco-Stil ist das gleiche geblieben. Was mir durch den Kopf ging? Wie gut es uns als Enkelgeneration doch geht!

Rolf J. Langhammer, Flintbek

 

Was mein Leben reicher macht

Jeden Samstag und dennoch immer wieder unverhofft sagt mir mein Mann, wie viele Wochen wir schon zusammen sind. Ich freue mich auf die vierstelligen Zahlen!

Dyana Röben, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Das achtjährige Nachbarsmädchen, das neulich am Sonntagmorgen an unserem Garten vorbeiradelte und dabei inbrünstig und weithin hörbar »Freude schöner Götterfunken« sang. Das »Elysium« lag leider hinter der Kurve, und so werde ich nie erfahren, wie sie mit dem schwierigen Wort klarkam.

Angela Körner-Armbruster, Salem

 

Die Kritzelei der Woche

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Tinte und Füllfederhalter, beides sollte auf einem alten Blatt auf Funktion getestet werden. Gedacht, gekritzelt! Nach Jahren in der Schublade offenbarten sich nach Umzugsarbeiten diese wirren Streifzüge der Feder als ein Bild mit zwei Charakteren.

Bianca Stierand, Essen

 

Was mein Leben reicher macht

Trockenfallen mit einem Segelschiff auf dem Wattenmeer. Nachts, wenn alles schläft, warm eingepackt noch einmal an Deck des Schiffes liegen, um in dem einzigartigen Sternenhimmel zu versinken. Und zur Krönung dieses Augenblicks eine Sternschnuppe entdecken.

Friederike Ehrhardt, Köln

 

Aus meinem Garten

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Lange Zeit führte dieser kleine Baum ein trostloses Dasein als wild austreibender Ahorn an der Ecke unserer Einfahrt – wo er uns immer im Weg stand. Mehrfach haben wir ihn weggeschnitten oder plattgetreten. Er gab nicht auf. Beim Umbau der Einfahrt grub ich ihn schließlich aus, kürzte seine Wurzeln und setzte ihn in einen Topf. Wir haben keine Ahnung von Bonsai, wir biegen die Pflanze nicht, wir nehmen die ersten größeren Blätter weg, und sie schenkt uns eine zweite Generation kleineren Laubes. Der »lästige« kleine Ahorn: Jetzt wird er zehn Jahre alt, und wir lieben ihn.

Jürgen Eulenpesch, Ulm

 

Was mein Leben reicher macht

Ich spaziere mit einem Freund durch eine ruhige Nebenstraße, da fährt ein Auto langsam an uns vorbei. Ein Jüngling hängt aus dem Fenster und ruft uns zu: »This girl’s on fire!« Das rothaarige girl freut sich ’nen Ast ab: Es wurde gerade 65.

Ingrid Schipper, Berlin