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Zeitsprung: „Ursprung“ Straße

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1963

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2013

 

Begrenzt von grob behauenem Granit, ein Gehweg aus Sand, von der Sommersonne heiß gebacken, eine Wonne für schuhlose Kinderfüße, eine Wohltat für sandbadende Spatzen. Die Klinkerstraße schmal, wenig von Autoverkehr beunruhigt, im Winter eine schneeweiße Gleitschuhbahn. Straßenbeleuchtung gab es nicht. Nachts wurde es noch richtig dunkel (vom Sternenhimmel mal abgesehen). Das war unsere Straße vor 50 Jahren. Hier, im friesischen Zetel, wuchs ich mit meinen zwei Geschwistern in einer Großfamilie auf. Heute lässt spröder Asphalt und verwitterter Betonstein den vergangenen Charme nur noch erahnen. Es war unsere Straße nur auf Zeit.

Steffen Walentowitz, Jever

 

Was mein Leben reicher macht

Es ist kurz vor Ladenschluss, höchste Eisenbahn, sich die neueste Ausgabe der ZEIT zu besorgen. Vor dem Geschäft stolpere ich und falle.

Eine junge Frau holt Hilfe, ihr Mann bleibt bei mir, bis der Arzt eintrifft: dreifacher Beckenbruch! Als mein Mann abends aus der Klinik zurückkommt, liegt vor unserer Haustür die ZEIT mit einer Karte von meinen Rettern.

Freia Steinmann, Laboe, Schleswig-Holstein

 

Was mein Leben reicher macht

Zusammen mit Freunden an der Sternwarte in den Spätsommerhimmel zu schauen: Durch ein Fernrohr bewundern wir die Diamanten auf dem schwarzen Samt der Nacht. Zum Abschluss noch ein verzaubernder Blick auf die Monde des Jupiters. Die Vielfalt des Universums erfüllt mich noch tagelang.

Ralph Brinks, Hagen

 

Die Kritzelei der Woche

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Beim Telefonieren bewegt sich der Kugelschreiber in meiner Hand nervös auf dem weißen Papier. Er schreibt Wörter in Sütterlin-Schrift, zeichnet Ornamente und modelliert Figürchen. Nach dem Gespräch, welches meinerseits hauptsächlich aus Zuhören besteht, wundere ich mich über das Gekritzel (für 69 Cent)!

Hella Maas, Osnabrück

 

Ledergeld

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Im Nachlass meiner Eltern fand ich einige Geldscheine aus Leder. Das Notgeld aus den Jahren 1922/23 stammt aus Osterwieck, einem kleinen Ort zwischen Halberstadt und Goslar, in dem meine Mutter aufwuchs. Die Scheine fühlen sich samtweich an und sind immer noch schön anzusehen. Die Banknote über 100 Mark liebe ich besonders – weil meine Mutter nämlich das Gedicht in der Umrandung früher häufig zitierte:

In des Leders Werdegang
ist die Hauptsach der Gestank!
Kalk, Alraun, Mehl u. Arsen
machens gar recht weiß und schön.
Eigelb, Pinkel, Hundeschiete
geben ihm besondre Güte.
Drum bleibt stets ein Hochgenuß
auf den Handschuh zart ein Kuß.

Manfred Thönicke, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Nach 25 Jahren mit meinem Mann mal wieder nach Münster zu radeln, in die Stadt, in der wir so gerne gelebt und studiert haben… nun mit zwei wundervollen Söhnen im Schlepptau.

Barbara Kastrup, Bielefeld

 

Kampflos

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Wahlkampf in Bayern …
Gesehen am 11.8.2013 in der oberbayerischen Gemeinde Schliersee.

Eike Höppner, Germering

 

Was mein Leben reicher macht

Nach einem schweißtreibenden Anstieg aufs Hochplateau plötzlich vom Leithammel einer Steinbockherde begutachtet und als so vertrauenswürdig eingestuft zu werden, dass er seine Herde auf die Wiese führt und mir ein paar Fotos gestattet.

Jochen Keltsch, Aichwald, Baden-Württemberg