Vor 20 Jahren habe ich mein Elternhaus im Sauerland verlassen. Und wenn ich meine Mutter jetzt am Telefon frage, was sie so macht, sagt sie oft: »Och, ich bin am Krosen.« Das bedeutet, dass sie zu Hause ist und kein wirkliches Ziel verfolgt, sondern ohne Zeitdruck hier und da etwas säubert, aufräumt, umräumt oder neu sortiert. Dies kann mehrere Stunden dauern. Als berufstätige Mutter mit zwei Kindern wünsche ich mir auch manchmal etwas Zeit zum Krosen.
Den alten und vor allem gewaltig großen Baum im Park von Muckross House im irischen Killarney, den Julia Walther in der Ausgabe vom 28. Mai 2015 so wunderschön gezeichnet hat, zählen auch wir zu unseren Freunden – wie man auf diesem Foto sehen kann.
Jürgen Rohdenburg, Bad Zwischenahn, Niedersachsen
Gehst du langsam über Wiesen,
Fühlst du das sanfte Sprießen
Des Junis wunderbar.
Schaust du auf zu unserer Sonne,
Fühlst du die zarte Wonne
blühender Bäume immerdar.
Die Nase in den Lüften,
Schwelgst du in tausend Düften
vom Lindenblütenmeer.
Gleich großen gelben Kronen,
Die auf den Bäumen wohnen,
Verströmen sie sich mehr und mehr.
Es sind die hohen Linden,
Die in die Herzen finden
Auf diesem Wege hier.
Sie singen alte Lieder.
Es ist, als käm’ hienieder
ein wunderbarer Traum zu dir.
Meine Großmutter, noch im 19. Jahrhundert geboren, führte einen Gutshaushalt. Am Mittagstisch waren sie mit dem Verwalter, den landwirtschaftlichen Lehrlingen, »Eleven« genannt, und den größeren Kindern 16 Personen. Die Knechte hatten einen Tisch in einer anderen Stube. Das alles und noch viel mehr bewältigte sie mithilfe von Hausangestellten, den »Mädchen«. Wenn die Großmutter dann am Sonntag mit dem Kutschwagen ausfuhr, musste ihr eines von ihnen vorher mit einer »Brennschere« die Haare kröllen, will heißen, in Locken legen.
Für Ihren Zeitsprung schicke ich Ihnen eine Fotomontage, die den gewaltigen Sprung zeigen soll, den die Kommunikation in der jüngsten Vergangenheit gemacht hat. Die Idee kam mir, als ich sah, wie meine Kinder ein altes Telefon, das ich aus Sentimentalität bei uns aufgestellt hatte, ihren Freunden als Attraktion vorführten und ihnen erklärten, was man damit tut und wie die Wählscheibe funktioniert.
Für mich ist der Apparat aus dem Jahr 1977 ein Alltagsgegenstand aus meiner Kindheit, für meine Kinder dagegen ein kurioses Museumsstück. Sie benutzen auch unser normales Festnetztelefon kaum noch. Ihre Botschaften verlassen unser Haus zumeist via Smartphone und als WhatsApp-Nachricht.
Ein typischer Tag in Hamburg: Ich gehe bei Sonnenschein in den Supermarkt, als ich ihn zehn Minuten später verlassen will, regnet es. Ich verdrehe die Augen. »So ein nerviges Wetter!« Da kommt ein kleiner Junge auf dem Fahrrad vorbei und ruft: »Cool, so ein schöner Regen!« Und plötzlich ich freue mich auch.